Mini-Märkte von tegut

Hessen Ladenschlussgesetz vor Änderung: Sonntagsöffnung für Mini-Märkte im Eiltempo

Stand: 08.05.2024 18:01 Uhr

Obwohl sie ohne Personal auskommen, dürfen Teo-Mini-Märkte bislang nur werktags geöffnet sein. Jetzt kommt die Gesetzesänderung. Die CDU/SPD-Regierung holt dafür eine Oppositionspartei ins Boot.

Von Wolfgang Türk

"Am siebten Tage sollst Du ruhen!" Aber was, wenn am Sonntag noch die Brühe für den Braten fehlt oder das Klopapier nicht bis zum Montag reicht? Vergangenen Dezember machte der Hessische Verwaltungsgerichtshof dem Handelskonzern Tegut klar: Eine legale Lösung sind seine meist in kleinen Orten stehenden Teo-Märkte für solche Engpässe nicht, auch wenn sie ganz ohne Personal auskommen.

Seitdem sind die bislang 30 digital-vollautomatisierten Läden mit ihren knapp 1.000 Artikeln an Sonn- und Feiertagen wieder dicht und nur werktags rund um die Uhr geöffnet. Mit ziemlicher Gewissheit ändert sich das zum Sommer schon wieder.

Den Weg dahin macht der Landtag vom kommenden Mittwoch an mit einer Änderung des Ladenschlussgesetzes frei. Das Besondere dabei: Den bereits angekündigten Gesetzentwurf, der nun vorliegt, bringt die regierende CDU/SPD-Koalition mit der oppositionellen FDP ein. Das haben die drei Fraktionen gemeinsam am Mittwoch in Wiesbaden mitgeteilt.

Maximal 120 Quadratmeter

Kein Personal, maximal 120 Quadratmeter Verkaufsfläche: Damit der von der Verfassung garantierte Sonntagsschutz nicht verletzt wird, sollen smarte Läden unter diesen Bedingungen künftig auch an Tagen öffnen dürfen, die bislang tabu waren. Beim Sortiment werden Grenzen gesetzt. Lediglich Waren des täglichen Bedarfs sind erlaubt – also Essbares, Haushalts- oder Hygieneartikel.

Rasch soll es nun gehen: Nach der ersten Lesung in der kommenden Woche ist für Juni eine Expertenanhörung vorgesehen. Im Juli, in der letzten Parlamentssitzung vor der Sommerpause, wird die Sache mit ziemlicher Gewissheit und mit breiter Mehrheit zum Gesetz. Neben der FDP haben sich die Grünen bereits klar dafür ausgesprochen. Die AfD legte sich nicht fest.

Grüne außen vor

Nach dem Gerichtsurteil in Sachen Teo-Märkte Ende des Jahres hatte die FDP als schon im Januar einen ersten eigenen Gesetzesentwurf vorgelegt. Den zieht sie nun zurück, um mit Schwarz-Rot eine gemeinsame Initiative zu starten.

Ein Verkaufsfläche von maximal 100 Quadratmetern hatte die FDP vorgesehen - jetzt sind es 20 mehr geworden. Die Teo-Märkte sind mit rund 50 Quadratmetern weniger als halb so groß. Die Grünen, die ebenfalls auf Tempo gedrängt hatten, wurden nicht gefragt, ob sie bei der "Teo-Koalition" mitmachen wollen.

CDU: Lebensumstände haben sich geändert

Das Ladenschlussgesetz mit der strikten Sonn- und Feiertagsregel entspreche "nicht mehr den aktuellen Lebensumständen der Menschen, die von Flexibilität, geändertem Freizeitverhalten und auch von Änderungen in der Arbeitswelt geprägt sind" – so begründete den Entwurf Heiko Kasseckert, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU.

"Unser Gesetzentwurf stellt klare Regeln auf, die den arbeitsfreien Sonntag auch in Zukunft schützen", betonte Matthias Körner, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Und FDP-Fraktionschef Stefan Naas befand, "die Menschen brauchen nach unserer liberalen Auffassung niemanden, der ihnen erklärt, was ihrer Seele guttut". Der Kauf einer Tüte Milch am Sonntag sei auch kein Kulturbruch.

OB klagte gegen Märkte, die er gut findet

Für die Öffnung des Sonntagsverkaufs für Läden ohne Personal hatten sich neben dem Handelsverband Hessen auch zahlreiche Kommunalpolitiker ausgesprochen. Sie wiesen nicht nur darauf hin, dass wegen der Märkte niemand sonntags arbeiten müsse. Gerade auf dem Land, wo nicht einmal Tankstellen oder Bäckereien den Menschen mit kleinem Zusatzsortiment aushelfen können, gebe es sonn- und feiertags Versorgungslücken.

Das Modell der digitalen Märkte wird auch von anderen Handelskonzernen getestet. Befürworter des Sonntagsverkaufs machen geltend, die zusätzlichen Umsätze erhöhten die Chance, dass sich das Angebot gerade auf dem Land überhaupt rechne.

Zu den Befürwortern zählte auch Fuldas Oberbürgermeister Heiko Wingenfeld (CDU). Die Stadt hatte die Schließung der Teo-Märkte an Sonntagen zwar gerichtlich erzwungen. Wingenfeld betonte aber, er sehe das Projekt des Fuldaer Tegut-Konzerns positiv, sei aber an Recht und Gesetz gebunden.

Kritik kam bis zuletzt von den beiden großen christlichen Kirchen und den Gewerkschaften, die auch ein Bündnis für den Sonntag tragen. Sie befürchten eine Aushöhlung des Sonntagsschutzes, den die Verfassung garantiert. Mit Vertretern von ihnen hatte sich die zuständige hessische Arbeitsministerin Heike Hofmann (SPD) im März getroffen. Zu einer Annäherung der Positionen kam es nicht.