Eine schwarze und eine rote Spielfigur als Symbol für die Koalition in Hessen auf einem Wappen mit Hessen-Löwe

Hessen 100-Tage-Bilanz von Schwarz-Rot in Hessen: Einiges ist mehr Schein als Sein. Ein Kommentar

Stand: 26.04.2024 21:07 Uhr

Wie waren die ersten 100 Tage der schwarz-roten Koalition in Hessen? Die Regierung beeilt sich, sie als Erfolg zu werten. Doch es nicht alles Gold, was glänzt.

Von Ute Wellstein

Es war ein Schau- und Wettlaufen in den vergangenen Tagen: alle Minister der schwarz-roten Landesregierung beeilten sich, noch vor der 100-Tage Bilanz einen Erfolg vorweisen.

Bei bis zu drei Pressekonferenzen am Tag wurden stolz Haken an die elf vordringlichsten Projekte der Landesregierung gemacht: Hessengeld für Häuslebauer, Innenstadtoffensive gegen Kriminalität, zusätzliche Deutschstunde in der Grundschule, kostenloser Meister, Bürokratiebefreiung im Ehrenamt. Sofortprogramm erledigt, die Regierung Rhein hat geliefert.

Einschränkungen im Kleingedruckten

Was so gut klingt, scheint den gewünschten Effekt zu haben: Die CDU von Boris Rhein hat in unserem Hessentrend seit der Wahl zugelegt.

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Ute Wellstein
Leiterin des hr-Landtagsstudio Wiesbaden

Aber es gibt Einschränkungen im Kleingedruckten. "Grunderwerbssteuer – geht aufs Haus", war im Wahlkampf versprochen worden. Doch während die Steuer nach wie vor sofort fällig wird, wird das Hessengeld jetzt nur scheibchenweise über zehn Jahre ausgezahlt, sonst hätte es wohl den Landeshaushalt gesprengt.

Die zusätzliche Deutschstunde geht auf Kosten des Englischunterrichts, die Befreiung ehrenamtlich tätiger Vereine von den Gema-Gebühren ist nach wie vor nichts als eine Absichtserklärung.

Den angeblich kostenlosen Meisterbrief müssen die Handwerker selbst vorfinanzieren.

Und die Razzien im Frankfurter Bahnhofsviertel erhöhen neben der Sicherheit auf der Straße wohl auch das Überstundenkonto der Beamten. Denn zusätzliche Polizisten sind bisher auch nur Wunsch statt Realität.

So ist einiges aus dem Sofortprogramm bislang mehr Schein als Sein.

Und: All diese Projekte zielen auf die Mitte der bürgerlichen Gesellschaft, bei der Ministerpräsident Rhein erklärtermaßen punkten will. Die SPD hat bisher noch keine Duftmarken gesetzt.

Dabei wäre doch zum Beispiel der Hessen-Fonds, mit dem die Wirtschaft klimafreundlicher und digitaler werden soll, ein wichtiges Vorhaben. Oder die Ganztagsbetreuung an den Grundschulen müsste angepackt werden, denn sie muss in eineinhalb Jahren stehen.

Doch das sind langfristige Projekte, die man nicht in hundert Tagen zusammenzimmern kann. Außerdem kosten sie eine Menge Geld. Das wird in den nächsten Jahren knapp.

Erst dann wird sich zeigen, was dieser Regierung wirklich wichtig ist und was sie an Regierungskunst draufhat.