Ein Sicherheitsmitarbeiter steht am 03.05.2024 vor der Verleihung des Deutschen Filmpreises hinter einer Absperrung. (Quelle: dpa/Sebastian Gollnow)

Berlin Jetzt im Live-Stream: Der Deutsche Filmpreis wird verliehen am Potsdamer Platz

Stand: 03.05.2024 19:34 Uhr

Der Potsdamer Platz macht sich bereit: Die deutsche Filmprominenz trifft sich am Freitagabend bei der großen Lola-Gala. Warum ist dieser Preis so wichtig? Was ist anders in diesem Jahr? Und wer geht als Favorit ins Rennen? Von Ula Brunner

Worum geht es eigentlich beim Deutschen Filmpreis?

Mit den Lolas ehrt die Deutsche Filmakademie herausragende Filme und Filmschaffende in insgesamt 17 Kategorien. Der Deutsche Filmpreis ist einer der ältesten Filmpreise weltweit und wurde erstmals 1951 verliehen - unter anderem als Schale und Filmband. Erst seit 1999 soll eine elegante weibliche Statue an die diversen Lolas der Filmgeschichte erinnern: Marlene Dietrich als Lola in "Der blaue Engel", den gleichnamigen Film von Rainer Werner Fassbinder und Tom Tykwers "Lola rennt". Die Lolas sind also ein filmhistorisches Schwergewicht und ihre Vergabe ist alljährlich ein wichtiges Ereignis für die einheimische Filmindustrie: Sie steigert das Ansehen deutscher Filme weltweit - und ist in einigen Kategorien mit nicht unerheblichen Preisgeldern verbunden.

Was ist neu und anders bei der diesjährigen Preisvergabe?

Bis 2023 gab es ein dreistufiges Auswahlverfahren. Nach Kritik wurde bei den Nominierungen die umstrittene Vorauswahl durch eine kleinere Kommission gestrichen. In diesem Jahr wählen die 2.200 Mitglieder der Filmakademie erstmals die Nominierungen direkt aus den eingereichten Produktionen aus. Diese Entscheidungen wurden bereits am 19. März 2024 bekanntgegeben. Danach wählen alle Mitglieder im zweiten Schritt die Preisträger:innen des Deutschen Filmpreises.

Warum wird oft so erbittert um die Nominierungen gestritten?

Nun ja, es geht um viel Geld und Renommé. Mit rund drei Millionen Euro für Preise und Nominierungen sind die Lolas der höchstdotierte Kulturförderpreis, den Deutschland zu vergeben hat. Das Geld stammt aus dem Haus von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne). Alleine die Spitzenklasse Bester Spielfilm bringt jeder nominierten Produktion 250.000 Euro. Der Gewinnerfilm bekommt noch einmal die gleiche Summe on top dazu, erhält also eine halbe Million Euro. Dass 2023 mit "Im Westen nichts Neues" ausgerechnet eine Netflix-Produktion vielfach nominiert wurde, während Christian Petzolds "Roter Himmel" es nicht in die Vorauswahl schaffte, führte zu heftigen Debatten - und der Änderung des Auswahlverfahrens. In diesem Jahr ist das Einvernehmen über die Nominiertenliste allerdings viel höher.

Wer ist Favorit im Lola-Rennen?

Insgesamt sehr unterschiedliche Produktionen sind in der wichtigsten Kategorie "Bester Spielfilm" nominiert. Neben "Die Theorie von Allem", Timm Krögers gekonntem Genremix in Schwarz-Weiß, ist der Historienfilm "Der Fuchs" von Adrian Goiginger über einen Soldaten, der im Zweiten Weltkrieg einen jungen Fuchs aufzieht, ein Anwärter für eine Lola in der Königsklasse. Weiter dabei sind "Ein ganzes Leben" von Hans Steinbichler nach dem gleichnamigen Roman von Robert Seethaler sowie "Im toten Winkel", den Ayse Polat in einem kurdischen Dorf in der Türkei angesiedelt hat. Chancen hat auch "Elaha" von Milena Aboyan, die Emanzipationsgeschichte einer deutsch-kurdischen Braut.

Operationen am offenen Herzen

Zwölf Jahre nach "Gnade" kommt mit "Sterben" der neue Film von Matthias Glasner in den Wettbewerb der Berlinale. In drei Stunden, drei Teilen und drei Perspektiven breitet er eine komplizierte Familiengeschichte aus - intensiv, persönlich und doch universell. Von Anke Sterneborg mehr

Uneingeschränkter Favorit ist jedoch Matthias Glasners dreistündiges Drama "Sterben" um eine zerrüttete Familie. Das Epos mit Corinna Harfouch und Lars Eidinger konkurriert in neun von insgesamt 17 Kategorien um die begehrten Trophäen, darunter auch für die "Beste Regie" und das "Beste Drehbuch". Corinna Harfouch ist als "Beste Hauptdarstellerin" nominiert, Lars Eidinger als "Bester Hauptdarsteller". Robert Gwisdek und Hans-Uwe Bauer sind sogar beide in der Kategorie "Bester Nebendarsteller" aufgestellt. Bereits bei der diesjährigen Berlinale hat Glasners Drehbuch für "Sterben" einen Silbernen Bären gewonnen - nun könnte er auch eine Goldene Lola mit nach Hause nehmen.

Carlo Chatrian, künstlerischer Direktor der Berlinale, und Mariette Rissenbeek, Geschäftsführerin der Berlinale, stehen während der Preisverleihung bei der Abschlussgala im Berlinale Palast auf der Bühne. (Quelle: dpa/Skolimowska)
Grundsolider Abschied

Die Ära Chatrian/Rissenbeek endet mit einem ganz normalen Berlinale-Programm – und einer überzeugenden Preisvergabe. Nachfolgerin Tricia Tuttle wird es nicht leicht haben dort anzuknüpfen - aus mehreren Gründen. Von Fabian Wallmeiermehr

Und diese Preise sind bereits bekannt ...

Wie in jedem Jahr sind zwei Preise bereits vorab bekannt: Die Lola für den besucherstärksten Film des Jahres 2023 geht an "Die drei ??? - Erbe des Drachen".
 
Den Ehrenpreis der Akademie für ihre herausragenden Verdienste um den deutschen Film erhält die Schauspielerin Hanna Schygulla. Die Achtzigjährige hatte in zahlreichen Produktionen von Rainer Werner Fassbinder mitgewirkt. Für "Die Ehe der Maria Braun" erhielt sie 1979 einen Silbernen Bären. "Diese Auszeichnung ist für mich eine Gelegenheit, erstens daran zu erinnern, dass es mich noch gibt. Zweitens, dass da auch noch einiges sprudelt. Und drittens, dass man über manches reden kann, was nicht nur einen selbst betrifft, weil man ein großes Forum vor sich hat", sagte Schygulla.

Standbild aus dem deutschen Film "Das Lehrerzimmer" von İlker Çatak. (Quelle: dpa/Alamode Film)
"Das Lehrerzimmer" von Berliner Çatak für Auslands-Oscar nominiert - auch Wenders im Rennen

Drei Deutsche können sich im März Hoffnungen auf einen Oscar machen: Die Schauspielerin Sandra Hüller sowie die Regisseure Wim Wenders und Ilker Çatak. Für "Das Lehrerzimmer" des in Berlin geboren Çatak wäre es nicht die erste Auszeichnung.mehr

Nominierungen, Ehrungen, Lolas: Wie ist eigentlich das internationale Standing des deutschen Films?

Schauspielerin Alexandra Maria Lara (45) und Regisseur Florian Gallenberger (52), die Präsidenten der Akademie, sehen die heimische Filmproduktion momentan auf einem guten Weg. "Man kann mit Blick auf die internationale Wahrnehmung von einem echten Lauf sprechen", sagten sie beim Interview. Die Akademie-Chefs bezogen sich dabei auch auf zwei gute Oscar-Jahrgänge in Folge: So wurde etwa 2023 der Antikriegsfilm "Im Westen nichts Neues" beim Filmpreis (mit der Slibernen Lola) und bei den Oscars ausgezeichnet. Die Goldene Lola gewann "Das Lehrerzimmer" von Ilker Çatak - der wiederum dieses Jahr für einen Oscar nominiert war.
 
Selbst wenn vielfach die Rahmenbedingungen für Filmschaffende in Deutschland kritisiert werden - weswegen Kulturstaatsministerin Roth mit einem Steueranreizmodell wieder mehr Filmproduktionen nach Deutschland holen will - spricht das doch für die Qualität und die internationale Reichweite heimischer Produktionen. Das geänderte Auswahlverfahren beim Filmpreis lässt in diesem Jahr glücklicherweise auch die große Bandbreite des deutschen Films erahnen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 03.05.2024, 06:10 Uhr