llegal entsorgter Müll lagert auf einem Parkplatz am Rader Wald im Kreis Stormarn vor den Toren Hamburgs.

Baden-Württemberg Ein großes Problem in BW: Illegal abgelegter Müll mitten in der Landschaft

Stand: 16.04.2024 08:44 Uhr

Müllcontainer, Sperrmüll, Wertstoffhöfe - die Müllentsorgung in Baden-Württemberg ist klar organisiert. Trotzdem wird tonnenweise Müll auf Wiesen und Wäldern illegal entsorgt.

In Baden-Württemberg wird immer mehr Müll illegal abgelegt: auf Wiesen, in Wäldern aber auch einfach in den Straßen der Städte. Die Landkreise und Städte haben alle Hände voll zu tun, Altreifen, Bauschutt, Kühlschränke bis hin zu Schlachtabfällen zu entsorgen. Und das meistens auf eigene Kosten, denn laut einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bleiben die Kommunen meistens auf den Kosten für die Beseitigung sitzen.

Die Verursacher werden dagegen selten ermittelt. Wie gehen einzelne Landkreise und Städte mit dem Problem der illegalen Müllentsorgung um? Eine Übersicht gibt es hier:

Riesige Mengen illegalen Mülls im Kreis Tübingen

Im Kreis Tübingen ist illegales Entsorgen von riesigen Mengen Müll ein ständiges Problem. Laut einer Sprecherin des Landratsamtes wird von den Betroffenen sehr oft das Argument verwendet, dass doch bereits weitere Gegenstände dort liegen würden.

"Oder es wird damit begründet, dass nicht mehr benötigte Gegenstände doch vielleicht auch noch Abnehmer finden. Aus diesem Grund sind auch die häufig aufgestellten "Zu-Verschenken- Kisten" kritisch zu sehen, da diese häufig dazu genutzt werden, sich seines unbrauchbaren Mülls zu entledigen."  

Ostalbkreis: Entsorgungskosten für Müll steigen

Auch auf der Ostalb steht man vor dem Problem von illegal entsorgtem Müll mitten in der Landschaft. Das Landratsamt nennt als Gründe für die illegale Müllentsorgung die zunehmenden Anforderungen zum Recycling und den teuer werdenden Entsorgungskosten.

"Ein weiterer Grund könnte sein, dass die Bürgerinnen und Bürger sensibilisierter sind und illegale Entsorgungen vermehrt gemeldet werden", sagte eine Sprecherin des Ostalbkreises. 

50 Tonnen wilder Müll pro Jahr in Konstanz

Auch die Entsorgungsbetriebe Stadt Konstanz (EBK) als Betreiber von Wertstoffhöfen, Müllabfuhr und Containerstandorten sowie die Technischen Betriebe Konstanz (TBK) - unter anderem verantwortlich für die Stadtreinigung und die öffentlichen Mülleimer - klagen.

"Oft haben wir das Gefühl, dass Bürger nicht mehr die Geduld haben, Sperrmüll anzumelden und diesen dann bis zum Abfuhrtermin zu lagern. Es muss alles sofort weg", sagte ein TBK-Sprecher. Pro Jahr sammele man rund 50 Tonnen wilden Mülls ein. Die Kosten hierfür beliefen sich jährlich auf etwa 37.000 Euro. Auch die Mitarbeitenden der EBK beobachteten vermehrt Müllablagerungen, sagte eine Sprecherin. 

Kreis Rottweil: Müllentsorgung mit Spezialfahrzeugen

Im Kreis Rottweil rücken die Müllentsorger sogar mit Spezialfahrzeugen an. Laut einer Sprecherin des Landratsamtes gibt es im Landkreis zum Beispiel einen Parkplatz an einer stark befahrenen Straße, der direkt an einen Hang grenzt.

Hier finde sich im Steilhang immer wieder Müll, der illegal abgelagert wurde und der mit Spezialfahrzeugen aufwendig entsorgt werden müsse. Vor allem neben Altglas- und Altkleidercontainern wird demnach immer häufiger wilder Müll abgelegt, aber auch entlang von Straßen oder auf Parkplätzen und im dichten Waldgebiet.

Illegal entsorgte Autoreifen liegen in einem Waldstück an einer Bundesstraße in Oerrel in Niedersachsen.

Illegal entsorgte Altreifen mitten im Wald oder am Straßenrand sind auch in Baden-Württemberg ein Problem.

Hohes Niveau der illegalen Müllentsorgung in Esslingen

Ein ähnliches Bild findet man auch im Kreis Esslingen. Laut einer Sprecherin des Landkreises findet die illegale Abfallentsorgung mannigfaltig statt. Müll wird auch hier illegal neben Glas- oder Altkleidercontainern entsorgt, aber auch in Parkanlagen, im Wald, vor Entsorgungsstationen und an anderen entlegenen Orten. Die gefundene Müllmenge schwankt von Jahr zu Jahr.

Ein Sprecher der Stadt Esslingen sagte: "In Esslingen registrierten wir in den vergangenen Jahren einen Anstieg der illegalen Müllentsorgung, seit etwa ein bis zwei Jahren verharrt diese auf hohem Niveau. So fielen bei unserem städtischen Baubetrieb im Jahr 2020 über 14 Tonnen an, im Jahr 2021 etwas mehr als 21 Tonnen und im Jahr 2022 über 17 Tonnen."  

Sprunghafter Anstieg im Kreis Heilbronn

Auch im Kreis Heilbronn steigen die Zahlen. "Die wilden Müllablagerungen betreffen allgemein öffentlich zugängliche Plätze sowie die Containerstandorte, Feldwege, Wälder, Baumgrundstücke, Parks. Bei dem Müll handelt es sich um Restmüll, Sperrmüll wie Möbel, defekte Elektrogeräte, Kunststoffe, Altholz, Altfahrzeuge und Asbest", sagte eine Sprecherin. Die Menge an sogenannten wildem Müll sei bis 2022 allmählich, im Jahr 2023 dann sprunghaft angestiegen.

Stuttgart: 700 Altreifen im Wald entsorgt

Auch in der Landeshauptstadt kann man überall Berge von Müll finden, der illegal abgelegt wurde. Laut einem Sprecher nimmt dieses Vorgehen immer mehr zu. "Es handelt sich um eine Vielzahl von Abfällen, darunter Möbel, Matratzen, Elektrogeräte, Wäsche, Bauschutt, Grillabfälle, Reifen, Sperrmüll, Asbest, Farben, Öle, Batterien, Asphalt und mehr. Ein konkretes Beispiel war eine illegale Entsorgung von 700 Altreifen im Eschbachwald in Stuttgart-Mühlhausen."

Gut erkennbar sei der Anstieg der Müllmengen an Glascontainerstandplätzen: 53 Tonnen im Jahr 2020, 66 Tonnen im Jahr 2021, 73 Tonnen im Jahr 2022 und 82 Tonnen im vergangenen Jahr.

Umweltverschmutzung durch wilden Müll nimmt im Kreis Sigmaringen zu

Auch im Kreis Sigmaringen hatten die Straßenmeistereien in den vergangenen Jahren durch den wilden Müll immer mehr zu tun. Und damit wird auch die Umwelt immer mehr verschmutzt. Wilder Müll sei regelmäßig an Parkplätzen und Rastanlagen entlang von Bundes-, Landes- und Kreisstraßen sowie an Altglas- und Altkleidercontainern zu finden, so ein Sprecher des Landkreises.

"Die Mitarbeitenden unserer Straßenmeistereien haben in den vergangenen fünf Jahren 143 Tonnen (2019), 182 Tonnen (2020), 193 Tonnen (2021), 193 Tonnen (2022) beziehungsweise 217 Tonnen (2023) illegal entsorgten Müll eingesammelt."

Karlsruhe: Verursacher können oft nicht ermittelt werden

Im Kreis Karlsruhe wurden in den Jahren 2019 bis 2023 rund 825 Tonnen wilder Müll von privaten Grundstücken im Außenbereich sowie vom Wald im Außenbereich eingesammelt, wie eine Sprecherin mitteilt. In der Stadt Karlsruhe sind die illegalen Müllablagerungen seit rund drei bis vier Jahren auf einem gleichbleibenden Niveau.

"Grundsätzlich besteht bei größeren illegalen Müllablagerungen im Stadtgebiet immer die Problematik, dass oft die Daten des Verursachers fehlen. Wenn keine "Daten" im Müll vorhanden sind - etwa alte Rechnungen, Pakete, Nummernschilder - können keine Verfahren geführt werden", berichtete ein Sprecher.

Mannheim: Bequemlichkeit oft Grund für illegale Müllentsorgung

In Mannheim entstehen illegale Ablagerungen laut einem Sprecher an schwer einsehbaren oder anonymen Bereichen mit angrenzender Großwohnbebauung. "Die Gründe sind vielfältig. Oft liegt ein mangelndes Verständnis über das richtige Entsorgungsverhalten, Bequemlichkeit oder Gleichgültigkeit vor."

Ähnliche Klagen kommen aus Heidelberg: "Weiterhin kommt es leider immer wieder vor, dass Abfälle außerhalb der Öffnungszeiten vor den Zufahrten der Recyclinghöfe abgelagert werden. Ein weiteres Ärgernis stellt Sperrmüll dar, der zwar am richtigen Abholtag, jedoch aber ohne zuvor erfolgte Anmeldung bereitgestellt wird", sagte ein Stadtsprecher. 

Wie hoch sind die Kosten für die Müllentsorgung?

Wie viele Tonnen illegalen Mülls in Baden-Württemberg insgesamt an den Straßen, auf Wiesen, in Parks und im Wald abgelegt werden, darüber gibt es keine zusammengefassten Zahlen. Es dürften aber mehrere Tausend Tonnen sein. Wie hoch die Kosten und der Schaden dadurch sind, ist auch nicht genau beziffert. Aber insgesamt dürfte die Entsorgung des illegalen Abfalls die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mehrere Millionen Euro im Jahr kosten.

Wer illegal Müll in der Landschaft ablegt und dabei erwischt wird, dem drohen Bußgelder. Das reicht in Baden-Württemberg von 50 Euro für das Wegwerfen von Taschentüchern oder Papptellern bis hin zu mehreren Tausend Euro, wenn zum Beispiel Bauschutt oder mehrere alte Autoreifen in der Natur entsorgt werden.

Sendung am Di., 16.4.2024 5:00 Uhr, Guten Morgen Baden-Württemberg, SWR1 Baden-Württemberg

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