Umgang mit Böhmermann-Affäre Merkel spricht von "Fehler"

Stand: 22.04.2016 19:06 Uhr

Kanzlerin Merkel hält es rückblickend für falsch, die Schmähkritik des Satirikers Böhmermann über den türkischen Präsidenten Erdogan frühzeitig als "bewusst verletzend" bezeichnet zu haben. Die Entscheidung, Ermittlungen gegen Böhmermann zuzulassen, sei aber richtig.

Im Umgang mit der Affäre um die Schmähkritik des Moderators Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat Bundeskanzlerin Angela Merkel erstmals "Fehler" eingeräumt.

Die Ermächtigung für Ermittlungen gegen Böhmermann sei richtig, aber sie ärgere sich darüber, dass sie vorher das Gedicht als "bewusst verletzend" bezeichnet habe, sagte sie in Berlin. Damit sei der Eindruck entstanden, dass ihre persönliche Bewertung etwas zähle: "Das war im Rückblick betrachtet ein Fehler." Ihre Äußerung habe zu der Interpretation geführt, ihr als Kanzlerin seien Meinungsfreiheit und Pressefreiheit nicht mehr wichtig. Ihr sei dies aber wichtig - und es werde auch weiter wichtig bleiben. "Das leitet mich bei allen Gesprächen", so Merkel.

Das Thema Menschenrechte werde auch bei dem Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten am Samstag ein Thema sein. Es gebe aber immer zwei Möglichkeiten, Probleme und Kritik anzusprechen - öffentlich oder intern. Merkel betonte: "Aber Menschenrechte, Freiheitsrechte, Pressefreiheit sind unverzichtbare Güter."

Weg für Strafverfolgung freigemacht

Vergangene Woche hatte die Bundesregierung hat den Weg für eine Strafverfolgung Böhmermanns nach §103 StGB wegen der Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts freigemacht. "Im Rechtsstaat ist es nicht Sache der Regierung, sondern von Staatsanwaltschaften und Gerichten, das Persönlichkeitsrecht und andere Belange gegen die Presse- und Kunstfreiheit abzuwägen", hatte Merkel zur Begründung gesagt.

Die Ermächtigung zur Strafverfolgung des speziellen Delikts der Beleidigung von Organen ausländischer Staaten bedeute "weder eine Vorverurteilung des Betroffenen noch ein Vorgreifen der Entscheidung über Grenzen der Kunst-, Presse- und Meinungsfreiheit, sondern lediglich, dass die rechtliche Prüfung der unabhängigen Justiz überantwortet wird und nicht die Regierung, sondern Staatsanwaltschaften und Gerichte das letzte Wort haben werden", so die Kanzlerin.

Die türkische Regierung hatte diese Ermächtigung angestrebt, weil sie Ermittlungen gegen Böhmermann wegen Beleidigung anstrebt. Eine ARD-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts infratest dimap im Auftrag des Berichts aus Berlin und von tagesschau.de hatte ergeben, dass zwei Drittel der Deutschen die Entscheidung Merkels für falsch hält.