Ratspräsidentschaft im Blick Merkel sieht EU an ihren Grenzen

Stand: 24.08.2007 23:01 Uhr

Bundeskanzlerin Merkel hat sich gegen die Aufnahme weiterer Staaten in die Europäische Union ausgesprochen. Nach der Aufnahme Bulgariens und Rumäniens müsse zunächst eine Pause gemacht werden. Die Regierungschefin sprach auch über ihre Ziele für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft.

Wenige Monate vor Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft hat Bundeskanzlerin Angela Merkel ein vorläufiges Ende der Erweiterung der Europäischen Union gefordert. "Auf absehbare Zeit können wir keine neuen Zusagen machen, was Mitgliedschaften anbelangt", sagte Merkel in einer Grundsatzrede beim Forum der Bertelsmann-Stiftung in Berlin.

Die Europäische Union müsse darauf achten, dass sie "arbeitsfähig und wettbewerbsfähig" sei, sagte Merkel zur Begründung ihres Neins zu neuen Beitrittsversprechen. Die bereits geplanten Aufnahmen von Bulgarien und Rumänien sind davon nicht betroffen. Mit Blick auf die Verhandlungen mit der Türkei forderte Merkel, dass Ankara alle Kriterien für eine EU-Aufnahme erfüllen müsse. Dazu gehöre vor allem eine Lösung der Zypern-Frage.

Enge Allianzen mit anderen Staaten

Für andere Länder, wie Russland, die Mittelmeeranrainer oder die Kaukasus-Staaten, müssten Mechanismen für engere Allianzen gefunden werden, ohne über Beitritte zu verhandeln. Frankreichs Premierminister Dominique de Villepin schlug einen Energie-Gipfel zwischen der EU und ihren wichtigsten Öl- und Gas-Lieferstaaten Anfang nächsten Jahres vor.

Deutschland will laut Merkel während der Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 die Weichen für eine neue EU-Verfassung stellen. Die Präsidentschaft soll unter dem Leitmotiv "Europa neu begründen" stehen. Merkel kündigte an, Deutschland werde vor Ende der Ratspräsidentschaft einen Fahrplan vorlegen, um den Verfassungsprozess wie geplant bis 2009 zu Ende zu bringen. Inhaltlich wollte sie sich nicht festlegen.

Barroso: Pause nach Rumänien und Bulgarien

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte bei dem Forum, "eine neue Phase der Erweiterung kann es nicht ohne eine Erneuerung der Institutionen geben". Nach den EU-Beitritten Rumäniens und Bulgariens dürfe es zunächst keine neuen Beitritte geben. Er zeigte sich überzeugt, dass das "europäische Projekt" unter der deutschen Ratspräsidentschaft vorankommen werde. Barroso sagte der Tageszeitung "Die Welt", ein wichtiger Schritt sei die so genannte "Berlin-Erklärung". Sie soll auf einem EU-Sondergipfel zum 50. Jahrestags der Römischen Verträge im kommenden März in Berlin verabschiedet werden und einen politischen Rahmen bieten, um den Verfassungsprozess voranzubringen.

Der belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt befürwortete mutige weitere Schritte zur EU-Integration in Richtung einer "europäischen Föderation". Als erster Schritt müsse die Einstimmigkeit bei EU-Entscheidungen abgeschafft werde. Der ungarische Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány warnte vor dem Hintergrund der Unruhen in seinem Land vor einer weiteren Radikalisierung von nationalistischen Kräften in den Ländern am Rande der EU.

EU-Entwurf: Beitritte zum 1. Januar 2007

Einem Entwurf der EU-Kommission zufolge sollen Bulgarien und Rumänien bestimmte Auflagen erfüllen, um Sanktionen nach einem EU-Beitritt zu vermeiden. Die Kommission wird am kommenden Dienstag aller Voraussicht nach den 1. Januar 2007 als Beitrittsdatum beider Länder vorschlagen, hieß es von Vertretern der Kommission. In dem internen Papier wird den beiden Beitrittskandidaten bescheinigt, Fortschritte in ihren Beitrittsvorbereitungen gemacht zu haben.