Eine ukrainische Lehrerin begleitet in der Gemeinschaftsschule Harksheide eine Klasse mit Schülerinnen und Schülern, die aus der Ukraine geflüchtet sind.

Integration ukrainischer Kinder Lehrerverbände fordern konkrete Hilfen

Stand: 15.04.2022 14:41 Uhr

Deutschland rechnet damit, dass künftig mehrere Hunderttausend geflüchtete Kinder aus der Ukraine unterrichtet werden müssen. Lehrerverbände fordern bessere finanzielle und personelle Ressourcen.

Die Lehrerverbände fordern größere Anstrengungen und konkrete Maßnahmen, um die Integration geflüchteter Kinder und Jugendliche aus der Ukraine bewältigen zu können. "Da sich die personelle und räumliche Situation an den Schulen ständig weiter zuspitzt, erwarte ich von der Kultusministerkonferenz, dass sie nicht nur den Bedarf vorrechnet, sondern auch sagt, was sie konkret tun wird", sagte der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung, (VBE), Udo Beckmann.

Finanzielle und personelle Hilfen

"Es ist gut, wenn die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Karin Prien, jetzt sagt, wie groß die Herausforderung für die Schulen sein wird - und dass wir für 400.000 geflüchtete Schülerinnen und Schüler 24.000 Lehrkräfte bräuchten", sagte Beckmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Klar sei aber auch, dass sich dieser Zusatzbedarf nicht einfach durch die Einstellung ukrainischer Lehrkräfte abdecken lasse.

Auch die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, sagte dem RND, es sei gut, dass Prien "einen realistischen Blick auf die Herausforderung hat, die ukrainischen Kinder und Jugendlichen in die Schulen zu integrieren". Allerdings bräuchten die Schulen jetzt auch "so zügig wie möglich zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen, um die Herausforderung zu meistern". Dafür seien Bund, Länder und Kommunen gefordert. 

Zusätzliche Lehrkräfte notwendig

Prien hatte zuvor vorgerechnet, dass etwa 60 zusätzliche Lehrkräfte für jeweils tausend Schülerinnen und Schüler erforderlich seien.  "Das System Schule steht noch immer massiv unter Stress", sagte die KMK-Chefin mit Hinweis auf die noch nicht überstandene Corona-Pandemie. Die Herausforderung, viele junge Menschen aus der Ukraine zu integrieren, komme auf die bisherigen Aufgaben obendrauf.

Die Zahl ukrainischer Schülerinnen und Schüler an Schulen und Berufsschulen in Deutschland lag in der vergangenen Woche bei knapp 60.000.

Teilzeitkräfte, Pensionäre und Studierende

Um den Unterricht zu gewährleisten, denkt Prien an höhere Stundenzahlen von Teilzeitkräften, die Reaktivierung von Seniorlehrkräften oder Pensionären sowie Studierende im Praktikum. "Und wir wollen Lehrkräfte einbinden, die selbst aus der Ukraine geflüchtet sind." Sie seien ideal geeignet, Kinder und Jugendliche aus ihren Ländern in Willkommensklassen zu betreuen.

Skeptisch äußerte sich Prien dazu, ob die Kinder und Jugendlichen nach ukrainischem System unterrichtet werden sollten. Die ukrainische Generalkonsulin Iryna Tybinka hatte gemahnt, auf eine Kontinuität der Bildungsprozesse und ein Aufrechterhalten der nationalen Identität ukrainischer Kinder zu achten. Es gehe um einen vorübergehenden Aufenthalt in Deutschland.

"Kein paralleles Schulsystem"

Dazu sagte Prien: "Integration ist untrennbar damit verbunden, dass die Kinder und Jugendlichen Deutsch als Bildungssprache lernen. Niemand weiß, wie lange die Menschen bleiben." Wenn man Fehler der Vergangenheit vermeiden wolle, müsse man es von Anfang an so angehen, als blieben sie länger hier. Es sei gut, wenn Kinder und Jugendliche im Einzelfall Kontakt zu ihrer alten Schule hätten und online zusätzlich ukrainische Angebote wahrnähmen. "Wir werden in Deutschland aber kein paralleles Schulsystem für die Ukraine aufbauen."

346.397 Flüchtlinge in Deutschland

Wie das Bundesinnenministerium auf Twitter mitteilte, wurden bisher 346.397 Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland registriert. Da Ukrainerinnen und Ukrainer ohne Visum einreisen dürfen und auch keine Registrierungspflicht besteht, wird tatsächlich von deutlich höheren Zahlen ausgegangen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 15. April 2022 um 15:01 Uhr.