Familien afghanischer Ortskräfte kommen 2021 in einer Flüchtlingsunterkunft in Brandenburg an.

Zuzug aus Afghanistan Kretschmer fordert Aufnahmestopp für Ortskräfte

Stand: 23.04.2023 15:15 Uhr

Sachsens Ministerpräsident Kretschmer will den Zuzug Geflüchteter begrenzen. Der CDU-Mann stellt dabei auch die Zusagen für afghanische Ortskräfte infrage - also für Afghanen, die gefährdet sind, weil sie früher die Bundeswehr unterstützt haben.

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer verlangt von der Bundesregierung eine Begrenzung des Zuzugs Geflüchteter in Deutschland und bezieht dabei ausdrücklich auch sogenannte Ortskräfte aus Afghanistan mit ein. Mit Blick auf ein Bund-Länder-Treffen am 10. Mai mit Bundeskanzler Olaf Scholz sagte der CDU-Politiker der "Bild am Sonntag", es gehe nicht allein ums Geld, sondern darum, dass die Anzahl der Menschen, die nach Deutschland kommen, reduziert werden müsse.

"Freiwillige Aufnahmeprogramme wie etwa für Ortskräfte aus Afghanistan oder anderen Ländern müssen sofort gestoppt werden", so der Christdemokrat in dem Zeitungsinterview. Bei dem Treffen müsse die Bundesregierung Lösungen für die Länder und Kommunen präsentieren. Diese klagen seit einigen Monaten über eine Überlastung durch die Aufnahme geflüchteter Menschen.

Aufnahme von Ortskräften

Als Ortskräfte werden zum Beispiel Einheimische bezeichnet, die für die Bundeswehr in Afghanistan als Fahrer oder Übersetzerinnen tätig waren. Die Bundesregierung hatte im vergangenen Oktober das von Kretschmer angesprochene Aufnahmeprogramm gestartet, um durch die Herrschaft der Taliban besonders gefährdeten Afghaninnen und Afghanen eine Aufnahme in Deutschland zu ermöglichen.

Das Angebot richtet sich vor allem an ehemalige deutsche Ortskräfte, die nach der Machtübernahme der Taliban Schutz suchen. Monatlich sollten dabei 1000 Aufnahmeplätze zur Verfügung stehen. Die Bundesregierung erklärte kurz vor Ostern, dass mit ersten Aufnahmezusagen für die kommenden Wochen gerechnet werde.

Aufnahme von Ortskräften bereits seit 2013

Unabhängig von dem neuen Aufnahmeprogramm, das die aktuelle Bundesregierung im Oktober 2022 startete, gab es bereits seit 2013 unter allen unionsgeführten Bundesregierungen ein Verfahren für die Aufnahme von Ortskräften, die in Afghanistan individuell gefährdet waren. Davon profitierten Personen, die vor der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan für die Bundeswehr, das Auswärtige Amt oder Entwicklungsorganisationen gearbeitet hatten. Auf Basis von Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes fand hierbei eine Einzelfallprüfung statt. Mehrere Tausend afghanische Ortskräfte und deren Familienangehörige erhielten im Zuge dieses Ortskräfteverfahrens Aufnahmezusagen aus Deutschland. Nur ein Teil von ihnen wurde aber bereits in die Bundesrepublik gebracht.

Die Bundeswehr hatte Afghanistan im Juni 2021 schneller als ursprünglich geplant verlassen. Sie folgte zeitlichen Vorgaben der USA. Im August 2021, als die Taliban - praktisch ohne Gegenwehr - Kabul einnahmen, beteiligte sich Deutschland an einem internationalen militärischen Evakuierungseinsatz. Dabei wurden Tausende Menschen ausgeflogen - darunter auch Ortskräfte der Bundeswehr und deren Angehörige. Allerdings blieben auch viele Ortskräfte im Land zurück, weil es nicht mehr gelang, sie rechtzeitig auszufliegen. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestags befasst sich seit Juli 2022 mit den damaligen Entscheidungen der schwarz-roten Bundesregierung rund um den Abzug der Bundeswehr und die Evakuierungsmission im August 2021.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 23. April 2023 um 10:00 Uhr in den Nachrichten.