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Interview

Kampf gegen Geldwäsche Scholz verteidigt Bargeldgeschäfte

Stand: 31.07.2019 21:48 Uhr

Die Immobilienbranche ist besonders anfällig für Geldwäsche - doch auch dem neuen Geldwäsche-Gesetz können Gebäude weiterhin in bar bezahlt werden. In den tagesthemen verteidigte Finanzminister Scholz die Entscheidung.

tagesthemen: Bislang war Deutschland als Geldwäschejäger ziemlich zahnlos. Haben Sie jetzt den richtigen Biss, um den Mafia- und Clan-Chefs das Geschäft zu vermiesen?

Olaf Scholz: Ich denke schon. Wir haben jedenfalls bisher viel unternommen. Wir haben das Personal aufgestockt, wir haben dafür gesorgt, dass die richtigen Leute an der richtigen Stelle arbeiten und wir haben eine bessere technische Ausstattung möglich gemacht. Und nun schaffen wir auch die gesetzlichen Kompetenzen, die notwendig sind, damit wir beim Kampf gegen Geldwäsche Vorreiter und nicht Nachzügler sind.

"Wir werden mit modernster IT arbeiten"

tagesthemen: Sie möchten international Vorreiter sein, und Sie wollen, dass mehr Verdachtsfälle gemeldet werden. Aber die zuständige Behörde ist komplett überlastet. Wie wollen Sie das alles aufholen?

Scholz: Es gibt bereits jetzt eine sehr erfolgreiche Abarbeitung der verschiedenen Fälle. Aber natürlich werden wir in Zukunft immer mehr Technik einsetzen. Der Kampf gegen Geldwäsche funktioniert ja dadurch, dass uns viele Verdachtsmeldungen erreichen - von denen viele auch unbegründet sind - denen man dann mit technischen Verfahren nachgeht, um zu gucken: Was sind die wirklich problematischen Fälle, die wir verfolgen müssen? Wenn das passiert ist, ist das erfolgreich.

tagesthemen: Sie haben unter anderem gesagt, Sie brauchen mehr Leute und auch mehr Studenten als Helfer. Lässt sich so Schwerkriminellen beikommen?

Scholz: Wir sorgen dafür, dass alle diese Stellen besetzt werden. Wir bauen sie aus. Und wir werden auch mit modernster IT arbeiten. Ich bin sicher, am Ende werden die Aufgaben, die wir zu erledigen haben, auch mit künstlicher Intelligenz begleitet werden. Das ist ein technischer Fortschritt, der in dieser Sache mit eingesetzt werden kann.

tagesthemen: Aber Sie haben ja eigentlich bereits moderne Technik. Und nun künstliche Intelligenz - Ich kann mir schwer vorstellen dass das so schnell umsetzbar ist.

Scholz: Ich schon.

tagesthemen: Was macht Sie denn so zuversichtlich?

Scholz: Weil wir den Willen haben, weil wir die finanziellen Mittel bereitgestellt haben, und weil tolle Leute dort arbeiten, die unbedingt wollen, dass das alles klappt.

"Bargeld ist in Deutschland sehr beliebt"

tagesthemen: Laut Transparency International sind 15 bis 30 Prozent aller kriminellen Vermögenswerte in Immobilien investiert. Der deutsche Immobilienmarkt sei ein Tummelplatz für Schwerkriminelle und Korrupte. Braucht es da neben dem Transparenzregister nicht ein zentrales Immobilienregister, in dem genau steht, wem welche Immobilie gehört, auf das die Ermittler dann Zugriff haben?

Scholz: Wir sorgen erst einmal dafür, dass wir die richtigen Meldungen bekommen, indem wir mehr Verantwortliche - Notare, Makler und andere, die in diesem Bereich tätig sind - dazu verpflichten, die richtige Meldung zu machen. Wir arbeiten bei einem ganz anderen Gesetzesvorhaben - nämlich der Grundsteuer - daran, dass wir dort erstmal die nötigen Daten technisch erfassen. Und das werden wir Stück für Stück ausbauen. Hier kann man jetzt auf guten Fortschritt setzen.

tagesthemen: Wäre das bargeldlose Bezahlen nicht auch eine Möglichkeit, zu verhindern, dass die Menschen mit einem Koffer um die Ecke kommen und unkontrolliert Immobilien kaufen?

Scholz: Bargeld ist in Deutschland sehr beliebt und wir wollen jetzt nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Aber wenn zu große Bargeld-Beträge für Dinge eingesetzt werden, für die man doch besser mit einem Scheck oder mit einer Kreditkarte bezahlt oder eine Überweisung tätigt, stellen wir sicher, dass dies ein Anlass für eine Verdachtsmeldung ist, der die Ermittlungsbehörden dann nachgehen können.

"Das ist ein großer Fortschritt"

tagesthemen: Aber Sie haben dann wieder einen Verdachtsfall, der wieder schwer abgearbeitet werden kann, also doch nicht besser bargeldlos? Dann gibt es erst gar keinen Verdachtsfall.

Scholz: Ich glaube, die meisten Ihrer Zuschauer sehen das anders. Die finden, dass Bargeld nicht gleich verboten werden soll, nur weil man dann besser gegen Geldwäsche vorgehen kann.

tagesthemen: Fragt sich, wie viele Zuschauer 500.000 Euro in bar durch die Gegend tragen...

Scholz: Nicht so viele. Wir beide ja auch nicht - vermute ich jedenfalls. Aber deshalb ist es trotzdem richtig, dass wir versuchen, eine Struktur herzustellen, in der wir derartiges überwachen können. Das machen wir mit den Dingen, die jetzt passieren. Das ist ein großer Fortschritt, nachdem sich viele lange gesehnt haben. Jetzt kommt er zustande und ich freue mich erst mal.

tagesthemen: Haben Sie konkrete Informationen zu den Geldwäschern? Wie viele Terroristen und Mafiosi sind hier auf dem Markt unterwegs?

Scholz: Das kann man nur schätzen. Aber es gibt Anlass, hier sehr ernsthaft zu sein. Und deshalb hoffe ich, dass die öffentliche Berichterstattung über das Gesetz dazu beitragen kann, dass bei der Gesetzgebung nicht allzu viele Widerstände entstehen werden. Denn es haben ja bereits jetzt einige kritisiert, das Gesetz sei viel zu scharf. Ich glaube, es ist genau richtig.

Das Interview führte Pinar Atalay, tagesthemen. Es wurde für die schriftliche Fassung gekürzt und redigiert. Das gesamte Interview sehen Sie in dem Video in diesem Text.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete am 31. Juli 2019 die tagesschau um 20:00 Uhr und die tagesthemen um 22:15 Uhr.