Karl Lauterbach

Vorhaben Lauterbachs Was wird aus der Pflegereform?

Stand: 12.05.2023 12:59 Uhr

Gesundheitsminister Lauterbach will Pflegebedürftige entlasten und die Einnahmen der Pflegeversicherung stabilisieren. Bisher musste er für seine Reformpläne viel Kritik einstecken. Gelingt noch der große Wurf?

Von Jan Zimmermann, ARD Berlin

Hinter den Kulissen wird intensiv gerungen. Die Gesundheits- und Pflegepolitiker der Ampel-Koalition wollen den Entwurf vom Gesundheitsminister Karl Lauterbach für das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz verbessern.

Mit am Verhandlungstisch sitzt Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag. "Ich kann im Moment noch nicht abschließend sagen, ob das, was als Ergebnis am Ende steht, ausreicht oder nicht. Aber deutlich ist zu sagen, dass die Not so groß ist, dass nach Ansicht meiner Fraktion noch umfassender Nachbesserungsbedarf da ist."

Die Ampel-Koalition hat sich zum Ziel gesetzt, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen finanziell zu entlasten. Aber aus der geplanten Pflegereform sei ein "Reförmchen" geworden, kritisieren Bundestagsabgeordnete verschiedener Parteien. Vor allem die Pflege zu Hause komme in dem Gesetzentwurf viel zu kurz.

VdK: Erhöhung des Pflegegelds zu gering

Diese Woche legten die Fachverbände nach. Im Fokus der Kritik: die Erhöhung des Pflegegeldes. Nach sechs Jahren ohne Erhöhung soll die finanzielle Unterstützung im kommenden Jahr lediglich um fünf Prozent steigen, ärgert sich Verena Bentele vom Sozialverband VdK. "Wer eben weiß, wie die Preissteigerungen sind für Lebensmittel, aber auch beispielsweise für Hygieneartikel und anderes, der weiß, dass dieses Pflegegeld überhaupt nicht ausreicht. Die Anbieter, die zum Beispiel Tagesstruktur anbieten, werden teurer. Und das heißt einfach, dass die Menschen sich weniger leisten können vom Pflegegeld."

Weiterer großer Kritikpunkt: Ein geplantes Entlastungsbudget steht doch nicht im Gesetzentwurf. In dem Budget sollten bisherige Einzelleistungen wie Kurzzeit- und Verhinderungspflege gebündelt werden, damit es die Betroffenen einfacher haben, Unterstützung zu beantragen und um das Geld flexibler einsetzen zu können. "Laut einer Hochrechnung des VdK werden derzeit zirka zwölf Milliarden Euro an Leistungen, die den Menschen eigentlich aus der Pflegeversicherung zur Verfügung stehen, überhaupt nicht abgerufen, und da muss Abhilfe geschaffen werden", fordert Bentele.

Lauterbach: Sind an einem Wendepunkt

Viele Bundestagabgeordnete drängen darauf, dass das Entlastungsbudget doch noch ins Gesetz kommt. Doch trotz der nicht abgerufenen Mittel klafft in der Kasse der Pflegeversicherung ein großes Loch: mehr als zwei Milliarden Euro Defizit.

Gesundheitsminister Lauterbach will deshalb den Beitragssatz zur Pflegeversicherung erhöhen, ab Juli um 0,35 Prozentpunkte. Der SPD-Politiker betont allerdings: "Klar ist: Wir sind was die langfristige Finanzierung angeht, an einem Wendepunkt. Das System kann man nicht dauerhaft so weiter ausbauen, wie wir es gemacht haben. Es muss anders werden."

Denn die Gesellschaft wird immer älter, die Zahl der Pflegebedürftigen steigt - allein mit Beitragserhöhungen sei die Pflege in Zukunft nicht zu finanzieren, sagt Pflegepolitiker Erich Irlstorfer von der CSU. "Und deshalb wird es unumgänglich sein, dass man aus den Steuermitteln hier Pflege auch quersubventioniert."

Doch nur ein "Reförmchen"?

Auch Grünen-Politiker Janosch Dahmen ist für mehr Steuermittel für die Pflege. Er verweist jedoch auf die aktuell schwierigen Haushaltsberatungen mit Finanzminister Christian Lindner: "All das erschwert die Situation in der Fachpolitik auch für die Pflege entsprechend gute Lösungen, ausreichende Lösungen mit zu präsentieren - und ist sicherlich auch etwas, was diesen Gesetzgebungsprozess im parlamentarischen Verfahren mit überschattet." Das klingt nicht danach, dass aus dem viel kritisierten "Pflegereförmchen" doch noch eine Reform wird. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 12. Mai 2023 um 06:00 Uhr.