Christian Lindner, Ricarda Lang und Lars Klingbeil sprechen im Bundestag

Koalitionsausschuss Ampel-Parteien verkünden Einigung

Stand: 28.03.2023 21:20 Uhr

Nach mehrtägigen Beratungen konnten sich SPD, Grüne und FDP nun doch einigen: Sie präsentierten ein umfassendes Reformpaket, das vor allem Planungen beim Straßen- und Schienennetz beschleunigen soll.

Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP haben nach dreitägigen Verhandlungen eine Einigung in mehreren Streitfragen erzielt. SPD-Chef Lars Klingbeil sprach in Berlin nach Beratungen des Koalitionsausschusses von einem "Bündel an Maßnahmen" bezogen auf einen schnelleren Ausbau der Infrastruktur, Anpassungen beim Klimaschutzgesetz und der Umrüstung von Heizungen.

Klingbeil, Grünen-Chefin Ricarda Lang und der FDP-Vorsitzende Christian Lindner äußerten sich zufrieden mit den Ergebnissen. Die Einigung gehe mit Zumutungen für alle Koalitionspartner einher, sagte Lang.

Ampel-Spitzen präsentieren Ergebnisse nach Mammutsitzung

Iris Sayram, ARD Berlin, tagesthemen, tagesthemen, 28.03.2023 22:15 Uhr

Lkw-Maut soll erhöht werden

Lang sagte, die Koalition wolle die Lkw-Maut erhöhen, um mehr Spielraum für Investitionen in die Bahn zu haben. Die zusätzlichen Einnahmen sollten zu 80 Prozent "in den Ausbau der Schiene, in eine moderne Bahn fließen", sagte die Grünen-Chefin. Den Finanzbedarf der Bahn bezifferte sie auf 45 Milliarden Euro bis 2027.

Gleichzeitig willigten die Grünen Lang zufolge auch ein, Autobahnprojekte zu beschleunigen. Bei Autobahn-Neubauten solle es künftig aber eine Prüfung geben, wie die Fläche daneben für Solaranlagen genutzt werden könne.

Die Ampel-Koalition verständigte sich beim Straßenverkehr auf einen beschleunigten Infrastrukturausbau. Grünen-Chefin Lang sprach von einer "begrenzten Anzahl von Straßen", für die dies gelte. FDP-Chef Lindner nannte "144 Autobahnprojekte", die als "von überragendem Interesse eingestuft" und entsprechend prioritär behandelt würden.

Tina Hassel, ARD Berlin, zu Ergebnissen der Ampel-Verhandlungen

tagesschau, tagesschau, 28.03.2023 20:00 Uhr

Klimaschutzgesetz soll geändert werden

Die Koalition peilt demnach auch eine Änderung des Klimaschutzgesetzes an: Die bislang strikten Emissionsvorgaben für einzelne Wirtschaftssektoren sollen aufgegeben werden. "Die reine Sektor-Orientierung überwinden wir", sagte FDP-Chef Lindner. "Wir sorgen dafür, dass sich die Sektoren gegenseitig helfen können."

Man schaue nicht mehr jährlich auf die Ziele und blicke nicht mehr zurück, sondern nach vorne bis etwa zum Jahr 2030. Damit komme man zu einem effektiveren Klimaschutz. Grünen-Chefin Lang räumte ein, dass man hier unterschiedliche Positionen gehabt habe. Der Kompromiss sei, dass die Sektorziele als Prinzip des Gesetzes erhalten bleiben. Es seien "wirklich nicht einfachen Verhandlungen gewesen", so Lang im Interview mit den tagesthemen. "Wir schaffen es immer noch nicht, die Lücke beim Klimaschutz im Verkehr vollends zu schließen."

Das aktuelle Klimaschutzgesetz sieht vor, dass jeder Sektor wie etwa Verkehr, Gebäude oder Energie jedes Jahr eine Vorgabe für den maximalen Ausstoß an Klimagasen zu erfüllen haben. Der Verkehrssektor hat sie zuletzt verfehlt. Künftig soll etwa der Energie-Bereich hier mit einer Übererfüllung dem Verkehr helfen können, was Druck auch von Verkehrsminister Volker Wissing nehmen würde.

Ampel besteht auf Heizungstausch

Die Ampel-Koalition hält an den Plänen fest, dass ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent aus erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Der entsprechende Gesetzentwurf werde im April von der Bundesregierung auf den Weg gebracht, heißt es in einem 16-seitigen Beschluss für ein "Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung".

Details zu einer sozialen Abfederung für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen finden sich darin nicht. "Unbillige Härten auch zum sozialen Ausgleich werden vermieden", heißt es darin. Es werde geprüft, wie der Austausch von Gas- und Ölheizungen "gezielt und bürokratiearm" mit Mitteln aus dem Klima- und Transformationsfonds gefördert werden könne. "Niemand wird im Stich gelassen", versprechen die Ampel-Parteien.

Die Meinung von Matthias Deiß, ARD Berlin, zu Ergebnissen des Koalitionsausschusses

tagesthemen, tagesthemen, 28.03.2023 22:15 Uhr

Klingbeil: "In großen Schritten in Richtung Zukunft"

SPD-Chef Klingbeil zeigte sich "hoch zufrieden" mit den Ergebnissen. Diese zeigten, "dass wir uns als Koalition in großen Schritten in Richtung Zukunft und Stärke für Deutschland bewegen". Gleichzeitig räumte er im Interview mit den tagesthemen ein, die Verhandlungen seien "insgesamt zu lang" gewesen. Aber es seien zweieinhalb Tage gewesen, die das Land verändern würden. Klingbeil ergänzte, es würde nicht einfach sein, die großen Genehmigungsverfahren, "die ja in Deutschland teilweise Jahre dauern in Deutschland, das man die jetzt mal beschleunigt". Ihm hätte vieles bei den "ruppigen Diskussionen" der letzten Wochen nicht gefallen, so Klingbeil. "Aber wir wollen den Klimaschutz und das ist jetzt klar."  

FDP-Chef Lindner sagte: "Wir haben echte Durchbrüche erzielt, wirkliche Paradigmenwechsel, und deshalb spricht das Ergebnis einfach für sich." Grünen-Chefin Lang betonte: "Wir gehen jetzt endlich auch Strukturreformen an."

tagesschau live: Koalitionsausschuss - Ampel-Parteien äußern sich

tagesschau24