Zukunft des US-Gefangenenlagers Schäuble will keine Guantánamo-Häftlinge

Stand: 15.01.2009 20:05 Uhr

Was soll mit den Insassen des US-Gefangenenlagers Guantánamo nach dessen Auflösung geschehen? Bundesinnenminister Schäuble hat wie mehrere seiner EU-Kollegen die Aufnahme von Ex-Häftlingen abgelehnt. Sein Statement würzte er mit einer Spitze gegen Vizekanzler Steinmeier.

Die Innenminister mehrerer EU-Staaten haben eine Übernahme von Gefangenen aus dem US-Lager Guantánamo abgelehnt. "Die Verantwortung für diejenigen, die jahrelang in Guantánamo festgehalten wurden, liegt bei den Vereinigten Staaten von Amerika", sagte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble am Rande eines Treffens mit seinen EU-Amtskollegen in Prag. Er würde sich für die Heimholung von Gefangenen einsetzen, die aus Deutschland stammen, habe aber keine Kenntnis von solchen Fällen. Ähnlich äußerte sich die französische Innenministerin Michèle Alliot-Marie: "Soviel ich weiß, haben wir keine Staatsbürger mehr in Guantánamo."

"Österreich hat eine Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen abgelehnt", sagte die österreichische Innenministerin Maria Fekter. "Wir betrachten das als Problem der Amerikaner."

Noch rund 250 Gefangene ohne Anklage oder Prozess

In Guantánamo halten die USA seit Jahren angebliche "feindliche Kämpfer" ohne Prozess gefangen. Der künftige US-Präsident Barack Obama hat angekündigt, das Gefangenenlager schließen zu lassen. Noch ist unklar, was mit den derzeit noch rund 250 Inhaftierten passieren soll. Möglich wäre es etwa, diese in den USA oder in ihren Heimatländern vor Gericht gestellt oder aber freigelassen werden. Einige als ungefährlich geltende Häftlinge müssen in ihrer Heimat aber möglicherweise Verfolgung fürchten - so etwa die in Guantánamo inhaftierten Uiguren, Angehörige einer in China lebenden muslimischen Minderheit.

Seitenhieb auf Steinmeier

Schäuble sagte, er kenne keine amerikanische Initiative, diese Häftlinge an andere Länder abzugeben. Vor Weihnachten hatte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier davon gesprochen, freigelassene Gefangenen aus dem US-Lager in Deutschland aufzunehmen, und seine Ministerium angewiesen, die zusammenhängenden rechtlichen und politischen Fragen zu prüfen.

Schäuble sagte zu diesem Vorstoß: "Frau Merkel und ich brauchen von manchen Beteiligten gar keine Belehrung." Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich zu Beginn ihrer Amtszeit erfolgreich für die Freilassung des Bremers Murat Kurnaz eingesetzt, der mehr als vier Jahre in Guantánamo festsaß. Die Regierung von Merkels Vorgänger Gerhard Schröder, in der Steinmeier Kanzleramtschef war, hatte keine Versuche zur Freilassung von Kurnaz unternommen. Steinmeier wird vorgeworfen, eine Freilassung Kurnaz' zu einem früheren Zeitpunkt behindert zu haben.

Außenminister sind am 26. Januar dran

Das französische Außenministerium zeigte sich dagegen "offen" für eine Aufnahme von Guantánamo-Insassen, die in ihren Heimatländern mit Verfolgung rechnen müssten. Außenminister Bernard Kouchner wolle diese Frage "wohlwollend prüfen", teilte das Ministerium mit. Damit könnte sich ein Konflikt zwischen den EU-Innenministern und ihren für Außenpolitik zuständigen Kollegen ab. Die Außenminster wollen am 26. Januar über das Thema Guantánamo beraten.