Blick in den Newsroom im neuen Nachrichtenhaus von ARD-aktuell auf dem NDR-Gelände.

70 Jahre tagesschau Eine Nachrichteninstitution im Wandel

Stand: 26.12.2022 05:42 Uhr

Vor 70 Jahren ging die erste Ausgabe der tagesschau auf Sendung. Inzwischen ist sie eines der letzten "Lagerfeuer" im deutschen Fernsehen. Auf dem Weg dorthin gab es nicht nur äußerliche Veränderungen.

Von Kathrin Schmid, NDR

Sie ist ein einprägsamer Klassiker, der Sound des Wohnzimmers: Die Erkennungsmelodie der tagesschau wie die darauffolgenden rund 15 Minuten sind ein Stück Alltag.

Es sei "mit Sicherheit ein großes Erfolgsgeheimnis", dass die tagesschau eines der letzten "Lagerfeuer" im deutschen Wohnzimmer sei, das "die Familie noch mal zusammenbringt", erklärt Marcus Bornheim. Er ist Erster Chefredakteur von ARD-aktuell, dem Team, das hinter dem Nachrichten-Flaggschifff steht. "Das ist so das klassische Ritual: Nach dem Abendessen setzt man sich noch mal hin."

Das Logo der Nachrichtensendung "Tagesschau", wie es ab 1952 verwendet wurde.

Am 26. Dezember 1952 lief die erste tagesschau - zunächst nur drei Sendungen pro Woche: montags, mittwochs und freitags. Ab 1. Oktober 1956 kommt sie montags bis samstags, seit dem 3. September 1961 auch am Sonntag.

Erste Sendung erreichte 1000 Zuschauer

Der Weg der 20-Uhr-Ausgabe zur beliebtesten Nachrichtensendung Deutschlands mit täglich mehr als zehn Millionen Zuschauern war aber alles andere als vorgezeichnet. Als die tagesschau am zweiten Weihnachtsfeiertag 1952 erstmals auf Sendung ging, konnten sie nur knapp 1000 Menschen überhaupt empfangen. Drei Ausgaben pro Woche gab es in den ersten Jahren. Die Geschichten waren bunt, das Bild schwarz-weiß und auch der Sprecher vor der Kamera kam erst 1959 dazu.

tagesschau-Pannen im Lauf der Jahrzehnte

Claudia Drexel, NDR, tagesschau24 20:15 Uhr

Karl-Heinz Köpke wurde über die Jahre zu "Mister Tagesschau", der Inhalt wurde politischer, der Stil nüchtern und die Bilder ab 1970 farbig. Die Marke für seriöse Nachrichten und Qualitätsjournalismus war etabliert. Aber auch sie muss sich immer wieder an die Bedürfnisse des Publikums anpassen. Aktuell etwa erlebt Bornheim leicht rückläufige Zuschauerzahlen - in den beiden Vorjahren schalteten noch gut elfeinhalb Millionen Menschen täglich ein.

Cay Dietrich Voss

Die Sendung hatte anfangs keinen sichtbaren Sprecher, Cay Dietrich Voss präsentierte sie aus der Sprecherkabine.

Neue Ansätze für die digitale Zukunft

Erst Coronakrise, dann Krieg und Inflation; viel Leid und Elend in der Welt - das befördert die sogenannte "news avoidance" - also Nachrichtenvermeidung. "Die Menschen haben es satt, abends um 20 Uhr das Leid und Elend dieser Welt auch noch einmal aufbereitet zu bekommen", erklärt Bornheim. Die Nachrichtenredaktion passt sich in der Themenauswahl an und bietet verstärkt lösungsorientierte Ansätze - etwa in Bezug auf die Klima- und Energieproblematik. Auch Kultur- und Wissenschaftsbeiträge finden nun häufiger den Weg in die Sendung.

Und das nicht nur im Fernsehen: Die tagesschau ist schon lange eine Markenwelt mit großem Online-Bereich auf tagesschau.de und Formaten für YouTube, Facebook, Instagram und TikTok. "Die Aufgabe auch in den nächsten Jahren wird es sein, aus der klassischen linearen Verbreitung Geld und Personal umzuschichten in das Digitale", sagt Bornheim. "Das wird die Aufgabe für die Zukunft sein."

Im Schneideraum der Tagesschau

Der damalige Leiter der tagesschau, Martin S. Svoboda, 1958 im Schneideraum in Hamburg-Lokstedt. Bis 1955 wurde aus einem alten Bunker am Heiligengeistfeld gesendet.

Neues Studio soll "etwas größer gedacht werden"

Ebenso wie der stetige Ausbau von tagesschau24 zum vollwertigen Nachrichtenkanal - also 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. "Das ist für uns sehr, sehr wichtig, weil das als Nachrichten-Stream auch in der Mediathek funktioniert", erklärt Bornheim. "Und wir beginnen natürlich mit den Überlegungen für ein neues Studio."

Das neue Studio werde zum allerersten Mal nicht mehr ausschließlich als Fernsehstudio gedacht und konzipiert, "sondern es wird eher ein Erklärraum, wo natürlich auch Social-Media-Angebote oder digitale Angebote funktionieren müssen", erklärt der Erste Chefredakteur. "Die Welt wird ein bisschen größer, und damit muss auch die Möglichkeit eines solchen Studios und die Konzeption eines solchen Studios etwas größer gedacht werden."

Aus dem gewohnten Studio wird Sprecher Torsten Schröder aber zunächst mal zur Jubiläumssendung begrüßen - natürlich auch mit der bestens verinnerlichten Melodie.

Kathrin Schmid, NDR, 26.12.2022 07:09 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 26. Dezember 2022 um 09:00 Uhr.