Frank-Walter Steinmeier und Caren Miosga

Bundespräsident Steinmeier "Die Deutsche Einheit bleibt eine Aufgabe"

Stand: 02.10.2023 18:23 Uhr

Ostdeutsche Geschichten müssten mehr Teil der gemeinsamen deutschen Geschichte werden, sagt Bundespräsident Steinmeier im Interview mit den tagesthemen. In der Asylpolitik spricht er sich dafür aus, die Zahl der Ankommenden zu begrenzen.

Die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober haben heute in Hamburg begonnen. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird vor Ort sein. Die Deutsche Einheit bleibe eine Aufgabe, sagte er im Interview mit den tagesthemen.

Der Westen habe nicht die Notwendigkeit gesehen, sich zu verändern. "Und das ist ein Teil des Dilemmas, über das wir reden", so Steinmeier. Bei der Infrastruktur und den Rentenwerten gebe es Verbesserungen, auch das Haushaltseinkommen liege im Osten inzwischen bei 90 Prozent des Westens - angehoben von ursprünglich 60 Prozent. Doch es gehe eben nicht nur um das Materielle, sondern "um das Gefühl, gleichwertig zu sein".

"Es geht um das Gefühl, gleichwertig zu sein", Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Tag der Deutschen Einheit

tagesthemen, 02.10.2023 23:15 Uhr

Stadt-Land-Unterschied

"Viele Ostdeutsche haben das Gefühl, dass sie nicht gehört und nicht gesehen werden", sagte der Bundespräsident. Deshalb müssten auch die Westdeutschen kritisch mit sich ins Gericht gehen. "Die ostdeutschen Geschichten müssen mehr Teil unserer gemeinsamen Geschichte werden."

Unter der Überschrift des Ost-West-Unterschieds werde der Stadt-Land-Unterschied in den kommenden Jahren drängender. Steinmeier stellte Ähnlichkeiten zwischen dem ländlichen Raum in Ost- und Westdeutschland fest: "Die Tatsache, dass Vereine sterben, dass der Ort nicht mehr so belebt ist, dass die letzte Kneipe weg ist, dass die Wege zu den Schulen und Ärzten viel weiter geworden sind." Zugleich lebten im Osten viel mehr Menschen im ländlichen Raum als im Westen. Da müsse die Politik in nächster Zeit genauer hinschauen.

Überlastungssituation wie in den 1990ern

Zur Überlastungssituation in den Kommunen bei der Zahl der Asylsuchenden sagte Steinmeier, die Situation erinnere ihn an die Asylpolitik von 1992/1993, an "die Überlastungssignale, die von Bürgermeistern und Oberbürgermeister kamen, die dann dazu geführt haben, dass die Politik handelt - und die Erwartung haben die Menschen in der gegenwärtigen Situation auch".

Ein erster Schritt sei getan, indem die Bundesregierung der Krisenverordnung zur EU-Asylreform zugestimmt habe. Es sei aber auch wichtig anzuerkennen, dass die Ankunftszahlen runter müssten. "Die sogenannte illegale Migration müssen wir eindämmen", so Steinmeier.

Prüfverfahren an den EU-Außengrenzen

Es brauche eine Begrenzung der Zugänge. Eine konkrete Zahl könne er nicht nennen - dafür brauche es aber Antworten von der Politik. Die Begrenzung sei am Ende aber nur zu erreichen, wenn Deutschland mit anderen europäischen Mitgliedstaaten Kontrollen an den Außengrenzen durchführe.

Für Menschen, die keine oder kaum eine Chance auf Asyl haben, solle das Prüfverfahren an den EU-Außengrenzen durchgeführt werden, und sie sollten dann auch von dort aus abgeschoben werden, so Steinmeier. "Dann werden sich auch die Ankunftszahlen in Deutschland verringern." Man solle darauf verzichten, so zu tun, als gebe es den einen Hebel, mit dem das Problem morgen verschwinde.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 02. Oktober 2023 um 23:15 Uhr.