Die Glan ist bei Altenglan-Patersbach über die Ufer getreten.
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Hochwasser Welche Regionen besonders betroffen sind

Stand: 04.01.2024 08:30 Uhr

In den Hochwassergebieten herrscht weiter die Sorge vor steigenden Pegelständen. Der Deutsche Wetterdienst kündigt Dauerregen bis Samstag an. Welche Regionen sind besonders betroffen - und warum regnet es so viel? Ein Überblick.

Welche Gebiete sind besonders vom Hochwasser betroffen?

Land unter meldeten Niedersachsen, der Süden Sachsen-Anhalts und der Norden Thüringens auf großen Flächen. Wie groß die Überschwemmungsfläche insgesamt ist, lässt sich kaum abschätzen. Die Behörden in Nordrhein-Westfalen sprachen von wieder stark steigenden Pegelständen wegen des Dauerregens.

In Teilen von Niedersachsen und Bremen ist die Lage kritisch. Nach einer Übersicht des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) liegen weiter viele Pegelstände von Flüssen bei der Meldestufe 3. Das bedeutet, dass die Gefahr größerer Überschwemmungen besteht. Betroffen sind Orte an der Weser, Aller und Leine sowie teilweise auch deren Nebenflüsse. Auch der Fluss Hase, ein Nebenfluss der mittleren Ems, erreichte die Meldestufe 3.

"Der Druck auf die Deiche ist nach wie vor hoch", Sebastian Duden, NDR, zur Hochwasserlage in Oldenburg

tagesschau24, 04.01.2024 10:00 Uhr

Nun blicken auch andere Bundesländer mit Sorge auf ihre Flüsse, die zuletzt von Überflutungen verschont geblieben waren. In Hessen rechneten die Behörden mit steigenden Pegelständen in Fulda und Lahn und ihren Zuflüssen. Auch an den größeren Flüssen Rhein, Main und Neckar erwartete das zuständige Landesamt einen Anstieg des Wasserstands. Im Saarland gab es viele Feuerwehreinsätze.

Auch im Norden und Osten Bayerns hat der Dauerregen viele Flüsse ansteigen lassen. Wie der Hochwassernachrichtendienst des bayerischen Landesamtes für Umwelt mitteilte, haben mehrere Pegelstände in Ober- und Unterfranken und auch in der Oberpfalz Meldestufe 3 überschritten.

Karte mit Bremen, Magdeburg, Dresden und den Flüssen Ems, Hase, Werra, Fulda, Weser, Leine, Aller, Oker, Elbe, Helme, Regen

Wird es weiter regnen?

Größtenteils ja. Bis Samstag soll der Dauerregen in Teilen Deutschlands nun noch andauern. Ursprünglich hatte der Deutsche Wetterdienst (DWD) seine Warnungen bis Donnerstagnacht herausgegeben. Nun wurden sie verlängert. Damit dürfte sich die Lage in den Hochwassergebieten noch einmal zuspitzen. Besonders im Fokus stünden dabei Gebiete im Westen und der Mitte des Landes.

Hoffnung auf Frost statt Dauerregen in den Hochwassergebieten

Hilke Janssen, NDR, tagesschau, 03.01.2024 20:00 Uhr

Wie gehen die Landkreise mit dem Hochwasser um?

Im Hochwassergebiet an der Landesgrenze von Sachsen-Anhalt und Thüringen wird die Schulpflicht in einigen Orten ausgesetzt. In Kelbra, Roßla und Wallhausen bleiben die Schulen am Donnerstag und Freitag geschlossen, teilte der Landkreis Mansfeld-Südharz am Dienstagabend mit. Eine Notbetreuung werde eingerichtet.

In der Nacht zu Mittwoch trat in Thüringen die Leina im gleichnamigen Ort über die Ufer. In Altenglan in Rheinland-Pfalz könnte wegen des anhaltenden Regens ein Regenrückhaltebecken überlaufen. Deshalb war am Dienstagabend zunächst eine Evakuierung der Gebäude in einer Straße angekündigt worden. Die Anwohner könnten allerdings vorerst in ihren Häusern bleiben, sagte ein Feuerwehrsprecher der Nachrichtenagentur dpa. Die Lage blieb daraufhin vorerst stabil.

"Man sollte den Deichen nicht vertrauen", Olaf Kretschmer, NDR, zu der Stabilität der Deiche nach 13 Tagen Hochwasser

tagesschau24, 03.01.2024 18:00 Uhr

Wie läuft es mit der Eindämmung?

In Niedersachsen war am Dienstag die Landesreserve von rund 1,9 Millionen Sandsäcken bis auf einen kleinen Rest aufgebraucht, wie der Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) mitteilte. Das Bundesland greife inzwischen auch auf Reserven anderer Bundesländer zurück. Rund 1,5 Millionen Säcke habe Niedersachsen so inzwischen erhalten.

Mit den Sandsäcken werden etwa Deiche verstärkt. Das Technische Hilfswerk (THW) geht nach Angaben seiner Präsidentin Sabine Lackner davon aus, dass die Herausforderungen für die Katastrophenschutzorganisation generell immer größer werden. Momentan sei das THW im Bevölkerungsschutz zwar gut aufgestellt und könne in der derzeitigen Hochwasserlage effiziente Hilfe an vielen Orten gleichzeitig leisten, sagte Lackner der "Rheinischen Post". "Dennoch führt uns die aktuelle Lage einmal mehr dramatisch vor Augen, dass die Herausforderungen an das THW immer größer werden, auch durch Extremwettereignisse, deren massive Auswirkungen wir derzeit in verschiedenen Regionen Deutschlands erleben."

Wie betroffen ist die Landwirtschaft?

Fast jeder Landwirt in Niedersachsen ist dem dortigen Bauernverband zufolge derzeit von Überflutungen seiner Felder beziehungsweise von Nässeschäden betroffen. Hintergrund seien die großen Niederschlagsmengen der vergangenen Wochen, teilte das Landvolk Niedersachsen der Nachrichtenagentur dpa mit.

"Es sind mehrere Hunderttausend Hektar Acker und Grünland überschwemmt", sagte Landvolk-Präsident Holger Hennies. Auch Hunderte Hofstellen seien von Überschwemmungen betroffen. "Glücklicherweise aber nur sehr wenige Betriebe so stark, dass auch Ställe betroffen sind und Vieh evakuiert werden musste".

Warum regnet es gerade so viel?

Ein Grund für den vielen Regen ist der sogenannte Jetstream. Dieses Windband trennt in etwa zehn Kilometern Höhe kühle Polar- von warmer subtropischer Luft und schlängelt sich um den Globus. Die Geschwindigkeit des Jetstreams hat nachgelassen, und so halten sich derzeit Tiefdruckgebiete länger. Die sich vorübergehend zwischen den Tiefs aufbauenden Hochdruckgebiete haben laut dem DWD-Meteorologen Christian Herold keine Chance, länger an Ort und Stelle zu bleiben.

"Generell hatten wir solche lang anhaltenden Regenfälle schon früher immer wieder", sagt Ralf Merz, Hydrologe am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle (Saale), im Deutschlandfunk. Solche stabilen Wetterlagen seien aber in Zukunft häufiger zu erwarten. "Das heißt, dass es tagelang, wochenlang relativ feucht ist, sehr viel regnet, immer wieder regnet und das Wasser dann nicht schnell genug aus der Landschaft abfließen kann." Ebenso wie die Dürre im Frühjahr und Sommer des vergangenen Jahres seien die Regenfälle ein Zeichen des Klimawandels, so Merz.

Was hat das mit dem Klimawandel zu tun?

Schon seit Jahrzehnten ist zu beobachten, dass der Temperaturunterschied zwischen der Luft an den Polen und dem Äquator geringer wird, erkennbar an der zunehmenden Eisschmelze. "Dieser Temperaturunterschied ist aber wiederum ein wichtiger Antrieb für den Jetstream", sagt Peter Hoffmann vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. "Wenn der weniger weht, verlagern sich Tiefs und Hochs langsamer. Das heißt, aufeinanderfolgende Wetterlagen werden beständiger, und der Regen fällt häufig immer wieder an derselben Stelle." In anderen Regionen fällt dagegen wochenlang kein Regen.

Der Klimawandel sorge dafür, dass stabile Wetterlagen häufiger vorkommen, sagt auch Hydrologe Merz. "Das heißt, dass es sehr lange entweder sehr trocken sein kann oder sehr lange sehr feucht sein kann." Früher sei das Klima in Deutschland von abwechselnden Hoch- und Tiefdruckgebieten gekennzeichnet gewesen. Das sei nun anders.

Auswirkungen des Klimawandels auf die Hochwasserlage in Teilen Deutschlands

Jan Koch, WDR, tagesthemen, 03.01.2024 23:15 Uhr

Gibt es in Zukunft häufiger Hochwasser?

Hochwasser und Dürren werden nach Forscherangaben weiter zunehmen. "Viele Studien, auch eigene, zeigen, dass mit steigenden globalen Temperaturen auch die Anzahl und Intensität von Extremen wie Hochwasser in Deutschland ansteigen", sagt Fred Hattermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Arbeitsgruppe Hydroklimatische Risiken.

Das sieht auch Hydrologe Merz Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle so: "Solche langen Hochwasser-Ereignisse wird es auch in Zukunft sicher öfter geben." Merz zufolge sollte darüber nachgedacht werden, ob der aktuelle Hochwasserschutz so noch funktioniere. "Denn vielleicht ist jetzt das, was wir aus der Vergangenheit gelernt haben, nicht immer eine gute Maßnahme für die Zukunft."

Der Wissenschaftler verwies zum Beispiel darauf, dass es nun viel weniger Flussauen gebe - also natürliche Überschwemmungsgebiete. Zugleich gab der Experte zu bedenken: "Einen hundertprozentigen Hochwasserschutz werden wir natürlich nie haben. Das ist finanziell und technisch nicht machbar und von der Landschaft nicht umrüstbar."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 03. Januar 2024 um 09:00 Uhr.