Jan Böhmermann bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises.

Bundesrat lehnt sofortige Abstimmung ab "Böhmermann-Paragraf" bleibt vorerst

Stand: 13.05.2016 16:59 Uhr

Mit einer Initiative haben einige Länder versucht, dass der Bundesrat sofort über die Abschaffung des Majestätsbeleidigungs-Paragrafen im Strafrecht abstimmt. Sie halten ihn für nicht mehr zeitgemäß. Doch die Länderkammer lehnte den Vorstoß ab.

Der Bundesrat hat eine Initiative mehrerer Bundesländer auf eine sofortige Abschaffung des Majestätsbeleidigungs-Paragrafen im Strafrecht abgelehnt. Hamburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen sowie Thüringen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen brachten die Initiative für eine sofortige und ersatzlose Streichung des Paragrafen 103 im Strafgesetzbuch ein. Auch die Bundesregierung will die Vorschrift abschaffen, aber nach jetzigem Stand erst 2018.

Aus dem Strafgesetzbuch (StGB)

§ 103 Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten
(1) Wer ein ausländisches Staatsoberhaupt oder wer mit Beziehung auf ihre Stellung ein Mitglied einer ausländischen Regierung, das sich in amtlicher Eigenschaft im Inland aufhält, oder einen im Bundesgebiet beglaubigten Leiter einer ausländischen diplomatischen Vertretung beleidigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe, im Falle der verleumderischen Beleidigung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ist die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen, so ist § 200 anzuwenden. Den Antrag auf Bekanntgabe der Verurteilung kann auch der Staatsanwalt stellen.
[...]

Anmerkung zu § 103 von ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam: "Beim Lesen von § 103 StGB könnte man über die Formulierung 'im Inland aufhält' stolpern und denken: Erdogan war doch gar nicht in Deutschland, die Vorschrift passt gar nicht. Sie passt aber doch. In den juristischen Kommentaren zum Strafgesetzbuch ist ausdrücklich klargestellt: Der Aufenthalt im Inland bezieht sich nur auf die zweite Alternative 'Mitglied einer ausländischen Regierung', nicht auf das zuerst genannte 'ausländische Staatsoberhaupt'.

Dieser, aus Sicht der Länder nicht mehr zeitgemäße Straftatbestand, stellt die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten unter besondere Strafe. Der Länder-Antrag wurde zunächst an die Fach-Ausschüsse überwiesen. Später wird im Bundesrat darüber endgültig abgestimmt. Bei einer Zustimmung wird die Initiative dann auch dem Bundestag vorgelegt. Wie lange dieses Verfahren dauert, ist offen.

Paragraf 103 ist in die Schlagzeilen geraten, nachdem der türkische Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf Basis dieser Gesetzesregelung ein Strafverfahren gegen den ZDF-Satiriker Jan Böhmermann wegen eines "Schmähgedichts" angestrengt hatte.

Jan Böhmermann bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises.

Sorgte für die Debatte über den Paragrafen: Jan Böhmermann

Die Länder sehen es besonders kritisch, dass eine Strafverfolgung in diesen Fällen von einer Entscheidung der Bundesregierung abhänge. Diese sei in der schwierigen Lage, einen Ausgleich zwischen der überragenden Bedeutung der Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit und den Erwartungen der ausländischen Regierung herbeiführen zu müssen.

Üblicher Verfahrensweg bleibt

Mit der Ablehnung der sofortigen Abstimmung im Bundesrat bleibt es bei dem üblichen Verfahren - zunächst die Ausschüsse und dann erneut das Bundesrats-Plenum.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 12. Mai 2016 um 23:42 Uhr