Ein Kreuz, Blumen und Kerzen an der Unfallstelle nach einem illegalen Autorennen in Mönchengladbach
interview

Gesetzesentwurf des Bundesrats Härtere Strafen gegen illegale Rennen

Stand: 21.06.2017 10:52 Uhr

Immer wieder werden bei illegalen Autorennen Menschen getötet - wie jüngst in Mönchengladbach. Ein Gesetzesentwurf, über den der Bundestag bald abstimmen will, sieht härtere Strafen für Teilnehmer und Organisatoren vor. NDR-Rechtsredakteurin Claudia Venohr erläutert die Änderungen.

NDR Info: Warum ist ein neues Gesetz notwendig, um gegen illegale Autorennen und Raser vorzugehen?

Claudia Venohr: Zahlen verdeutlichen das Problem wohl am besten: In Deutschland wird wegen zu hoher Geschwindigkeit alle acht Minuten ein Mensch schwer verletzt und alle sieben Stunden einer getötet. Diese Zahlen hat die Grünen-Bundestagsfraktion erhoben. Insgesamt starben 2016 mehr als 3000 Menschen im Straßenverkehr, fast 400.000 wurden verletzt. Fest steht, dass die Zahl der Verletzten seit Jahren ansteigt. Das ist die Gesamtsituation.

Hinzu kommt, dass die Polizei immer häufiger wegen illegaler Autorennen ermittelt - die teils tödlich ausgehen, wie gerade wieder in Mönchengladbach geschehen. Hier wird sogar auch wegen Mordes ermittelt. Natürlich endet nicht jedes dieser Rennen mit hochgetunten Autos von 200 bis 500 PS tödlich. Es soll sie aber in den Innenstädten gar nicht erst geben.

Claudia Venohr
Zur Person

Claudia Venohr ist studierte Juristin. Seit 1997 arbeitet sie als Fachredakteurin für Rechtspolitik und Moderatorin bei NDR-Info.

Die bisherige Rechtslage hat nicht dazu geführt, dass diese Rennen aufhören. Denn wer daran teilnimmt, ohne dass Schlimmeres passiert, handelt lediglich ordnungswidrig: Er zahlt 400 Euro Bußgeld, bekommt ein Monat Fahrverbot und das war es. Das schreckt natürlich so gut wie niemanden ab weiterzurasen.

Teilnahme wird zur Straftat

Das Strafrecht greift immer erst dann, wenn Menschen bei den Rennen verletzt oder sogar getötet werden, und das soll das neue Gesetz nun ändern: Schon die bloße Teilnahme oder das Veranstalten der illegalen Rennen wird demnach zur Straftat und kann mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Wer Menschen dabei gefährdet, muss mit fünf Jahren Freiheitsentzug rechnen. Werden Menschen schwer geschädigt oder sogar getötet, kann das mit bis zu zehn Jahren Freiheitsentzug enden.

NDR Info: Aber ist es denn nicht jetzt schon so, dass sogar wegen Mordes verurteilt werden kann, wenn Menschen ums Leben kommen?

Venohr: Das ist richtig. Das ist im Fall der sogenannten Ku'damm-Raser geschehen, die in Berlin im Februar dieses Jahres wegen Mordes verurteilt wurden, weil ein 69-jähriger Mann getötet wurde. Ein solches Urteil gab es bislang nicht, und es ist auch noch nicht rechtskräftig.

In dem Fall war es so, dass das Gericht davon ausging, dass der Tod eines Menschen billigend in Kauf genommen wurde - "bedingter Vorsatz" ist der Begriff. Um wegen Mordes zu bestrafen, muss aber noch ein Mord-Merkmal hinzukommen. Und da wird das Auto zum gemeingefährlichen Mittel - wie jetzt übrigens auch in Mönchengladbach.

Die Schwierigkeit ist aber, den Fahrern - jedenfalls bedingten - Tötungsvorsatz nachzuweisen. Wenn jemand mehrere rote Ampeln mit bis zu 170 Kilometern pro Stunde wie am Kurfürstendamm überfährt, kann man wohl eher davon ausgehen. Aber in den meisten Fällen wird wegen fahrlässiger Tötung bestraft. Bei Ersttätern häufig mit Bewährung. Und diese Strafbarkeitslücke will nun das Gesetz, das der Bundesrat einbrachte, ändern.

Fahrzeugentzug als Abschreckung

NDR Info: Es gibt aber auch Meinungen, dass diese meist jungen Männer zwischen 18 und 28 Jahren, die an den Rennen teilnehmen, selbst durch höhere Freiheitsstrafen nicht zur Räson gebracht und abgeschreckt werden. Wie wird damit umgegangen?

Venohr: Die Experten im Rechtsausschuss werden das in diversen Stellungnahmen sicher ansprechen. Der Gesetzentwurf enthält außerdem ja noch weitere Folgen, die möglicherweise dann doch einen gewissen Abschreckungseffekt haben. Die Teilnahme an den Rennen wird zur Straftat und erst dadurch ist es möglich, das Fahrzeug des Betreffenden einzuziehen.

Verkehrspsychologen gehen davon aus, dass sich die Raser sehr stark über ihre frisierten PS-Maschinen definieren, und befürworten sehr, ihnen das Auto einfach wegzunehmen. Außerdem sind Fahrverbote von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vorgesehen. Auch das wirkt sicher nachhaltig.

Das Interview führte Liane Koßmann, NDR Info

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 21. Juni 2017 um 08:11 Uhr