Nach Abwahl vom AfD-Vorsitz Lucke wendet sich ab

Stand: 05.07.2015 15:15 Uhr

Der AfD-Parteitag in Essen ist für Mitbegründer Lucke zum Spießrutenlauf geworden. Viele seiner Anhänger erklärten nach dessen Abwahl bereits den Austritt. Diesen Schritt ging Lucke selbst zwar noch nicht, aber er kritisierte das Abdriften der AfD nach weit rechts.

Der abgewählte AfD-Vorsitzende Bernd Lucke hat davor gewarnt, dass sich die Partei in Richtung der rechtsextremen Partei Front National (FN) in Frankreich bewegt. Am Rande des Parteitages in Essen sagte er: "Die Themen und Stimmungen deuten leider darauf hin." Der AfD-Mitbegründer hatte am Samstag bei der Wahl um den Parteivorsitz gegen die sächsische Landesvorsitzende Frauke Petry verloren.

Er sei bestürzt, wie auf dem Parteitag bestimmte Themen mit frenetischem Beifall aufgenommen worden seien, sagte Lucke. Als Beispiel nannte er die Aussage Petrys, der Islam sei generell eine staatsfeindliche Religion. "Dies halte ich wiederum für eine islamfeindliche Äußerung, für eine Ausgrenzung muslimischer Mitbürger." Damit wolle er nicht in Verbindung gebracht werden.

Ebenso wandte er sich "ganz entschieden" gegen die Darstellung des NRW-Landesvorsitzenden Marcus Pretzell, die AfD sei "auch eine Pegida-Partei".

Anhänger Luckes bereits ausgetreten

Lucke, der für den wirtschaftsliberalen Flügel der Partei steht, verwies darauf, dass bereits seit Samstag eine große Zahl von Mitgliedern die AfD verlassen habe. Er selbst sei aber noch nicht ausgetreten. Als er beim Parteitag vor einer Gruppe von Mitgliedern und Gästen mit seinem Austritt drohte, kam es zu tumultartigen Szenen. Im Saal verbreitete sich das Gerücht, er sei bereits ausgetreten, worauf es Gedränge und Gejohle gab.

Zur Zukunft des von ihm gegründeten Vereins "Weckruf 2015" zur Stärkung des wirtschaftsliberalen Kurses in der Partei sagte Lucke, dies werde sich in den nächsten Tagen entscheiden. Zunächst würden die Mitglieder des "Weckrufs" befragt, ob sie sich einen Verbleib in der AfD vorstellen könnten. Bei einem Nein würden voraussichtlich alle gemeinsam die Partei verlassen. Nach Informationen des MDR will sich Lucke mit seinen Anhängern am Montag in Brüssel beraten. Am Mittag soll es eine Pressekonferenz geben. Nach ZDF-Informationen trat der frühere Industriepräsident Hans-Olaf Henkel bereits aus.

"Galionsfigur der Gründerzeit"

Schon bei Luckes Rede am Samstag hatte es Buhrufe und Gejohle bei den 3500 anwesenden Parteimitgliedern gegeben, insbesondere als sich Lucke gegen eine pauschale Verurteilung des Islams wandte und darauf bestand, die AfD sei keine "Pegida"-Partei. Lucke beklagte eine aggressive Stimmung und Pöbeleien gegen ihn.

Seiner parteiinternen Konkurrentin Petry gratulierte er jedoch zur Wahl als Parteivorsitzende. Sie nannte ihn in ihrer Dankesrede eine "Galionsfigur der Gründerzeit". Sie hoffe, dass Lucke der AfD treu verbunden bleibe.

Petrys Bemühungen, das liberal-konservative Lager zumindest teilweise einzubinden, scheiterten jedoch weitgehend. So schlug der Europaabgeordnete Joachim Starbatty, der zum wirtschaftsliberalen Lager zählt, das Angebot für den Posten des Zweiten Vorsitzenden aus.

Der Vorstand wird nun von ultrakonservativen und rechtsnationalen Kräften dominiert: Der Brandenburger AfD-Chef Alexander Gauland, die konservative Europaparlamentarierin Beatrix von Storch und Albrecht Glaser aus dem Führungstrio der AfD in Hessen wurden zu stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Lediglich der Volkswirt Jörg Meuthen, der schließlich zum Zweiten Vorsitzenden gewählt wurde, zählt zu den liberaleren Kräften in der Partei.

Björn Höcke, Thüringer AfD-Chef und Gründer der rechten Bewegung "Der Flügel" zeigte sich hochzufrieden. Er sagte: "Jetzt haben wir als AfD natürlich die Möglichkeit, uns etwas deutlicher zu positionieren."