FPÖ-Chef Strache und die Klimadebatte Die Legende vom Wein aus Grönland

Stand: 09.06.2017 19:01 Uhr

"Grönland war einmal ein grünes Land, mit Weinanbau." Das hat FPÖ-Chef Strache in der Debatte über den Klimawandel behauptet. Eine Legende, die immer wieder auftaucht.

Von Patrick Gensing, ARD-faktenfinder

Die Diskussionen um den Klimawandel erhitzen viele Gemüter. Dabei stehen die Fragen im Fokus, inwieweit sich das Klima global tatsächlich verändert - und ob diese Veränderung natürlich ist oder von Menschen ausgelöst wurde. Seitdem die USA aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen sind, hat die Debatte wieder deutlich an Fahrt aufgenommen.

"Deal war und ist eine Farce"

In Österreich lobte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache den neuen US-Kurs. Der Deal sei eine Farce gewesen, erklärte er auf Facebook. Und weiter: "Die Erde erlebt seit ihrem Bestehen einen permanenten und natürlich verursachten Klimawandel. Von der Eiszeit zur Erderwärmung und retour, in unterschiedlichen Zyklen über Jahrtausende hinweg."

Im ORF nannte Strache zudem ein vermeintliches Beispiel für diese Schwankungen: Grönland: Die Insel sei nicht nur grün gewesen, so Strache, sondern es habe dort sogar Weinanbau gegeben.

Wein aus Grönland, möglicherweise angebaut von den wilden Wikingern? Eine charmante Vorstellung. Doch wann genau soll es diesen Weinanbau gegeben haben? Das führte Strache nicht aus. Tatsächlich soll Grönland einmal eisfrei gewesen sein; diese Epoche liegt nach unterschiedlichen Berechnungen und Studien allerdings mindestens 100.000 Jahre zurück. Zu dieser Zeit war die Insel im hohen Norden allerdings noch gar nicht besiedelt, Weinanbau war den Menschen ohnehin längst noch nicht bekannt.

Erst vor etwa 5000 Jahren sollen die ersten Inuit nach Grönland eingewandert sein, später folgten Nordmänner, die von dem milderen Klima profitierten, das um das Jahr 1000 dort herrschte. Allerdings war Grönland auch in dieser Zeit keinesfalls eine rein grüne Insel, so wie es beispielsweise die "Rheinische Post" bereits 2007 behauptet hatte - und wie es von Klimaskeptikern immer wieder angeführt wird. Auch die These vom Weinanbau auf Grönland findet sich immer wieder im Netz.

"Selbstverständlich zu kalt für Wein"

Dass es zu dieser Zeit auf Grönland nicht nur milder war, sondern tatsächlich warm genug gewesen sein soll, um Weinreben zu ziehen, ist höchst zweifelhaft. Belege für diese Theorie gibt es keine. Der amerikanische Astronom und Astrophysiker Ray Weymann hat sich in einem Aufsatz ausführlich mit der Legende beschäftigt und sie entkräftet. Auch dass Wikinger überhaupt Wein angebaut haben sollen, ist unbekannt. Wenn überhaupt, setzten sie auf ihren Honigwein - besser bekannt als Met.

Der dänische Geologe Svend Funder betonte im Gespräch mit dem ARD-faktenfinder, Strache liege mit seiner Behauptung komplett falsch. Die Siedler aus Skandinavien hätten an den Küsten Grönlands zwar Weiden für Kühe, Ziegen und Schafe gehabt. "An sehr günstigen Stellen konnten sie Getreide anbauen", so Funder, "aber für Wein war es selbstverständlich zu kalt".

Und auch der altnordische Name "Vinland", den die Nordländer den Küsten Grönlands und Nordamerikas gaben, muss keineswegs Weinland bedeuten, sondern kann mit Wiesen- oder Weideland übersetzt werden. Anbau von Wein auf Grönland? Die Behauptung von FPÖ-Chef Strache ist weder plausibel und auch nicht belegt - sondern schlicht falsch.

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