Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, beim Hauptgottesdienst des Katholikentages.

Falsches Zitat Kardinal Marx wünscht AfD nicht zur Hölle

Stand: 07.05.2019 15:38 Uhr

Auf Facebook behauptet ein AfD-Verband, Kardinal Marx habe gesagt: "Wer die AfD wählt, kommt in die Hölle!" Das angebliche Zitat kursiert bereits seit Jahren, wurde aber nie gesagt.

Von Patrick Gensing, ARD-faktenfinder

In den sozialen Netzwerken wird dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, ein falsches Zitat zugeschrieben. Der AfD-Hochsauerlandkreis veröffentlichte am Dienstagmorgen auf Facebook ein entsprechendes Posting und schrieb:

Deutscher Ober-Bischof: 'Wer die AfD wählt, kommt in die Hölle!' Na, da bleibt doch nur zu hoffen, dass der 'Oberheilige' dann dort, wegen eigener "Verfehlungen" nicht nur unter seines Gleichen ist...

In Dutzenden Kommentaren drücken AfD-Anhänger ihren Ärger über die Aussage aus. "Ganz schön unverschämt", schreibt eine Nutzerin, ein anderer meint, er hoffe doch, dass die Aussage wirklich zutreffe, da er "mit einigen dort noch eine Rechnung offen" habe.

Drei Jahre alte Meldung als Quelle

Das Posting des AfD-Kreisverbands vom Dienstagmorgen basiert auf einer Meldung von "Gloria TV". Wer auf den Link klickt, kann feststellen, dass diese allerdings bereits mehr als drei Jahre alt ist. Im März 2016 hatte die Seite gemeldet:

Deutscher Ober-Bischof: Wer die AfD wählt, kommt in die Hölle! Wenn ein Kirchenoberer den Schäfchen derart ins Gewissen redet, weiß er, was er damit bei Gläubigen auslöst. Immerhin ist es eine Sünde, sich gegen den Willen Gottes zu stellen, und wer zu viel sündigt, der landet nach dem Ende des irdischen Lebens in der Hölle.

Mehr als 42.000 Klicks erreichte diese Meldung bis heute. Als Quelle gab "Gloria TV" wiederum die FPÖ-nahe Seite "Unzensuriert.at" an. Diese hatte ebenfalls im März 2016 die Überschrift getextet: "Deutscher Ober-Bischof: Wer die AfD wählt, kommt in die Hölle!" Mit dieser Schlagzeile schaffte es "Unzensuriert" an diesem Tag auf den fünften Platz der deutschen News-Charts, was die Anzahl der Reaktionen in den sozialen Netzwerken betrifft.

Kein Zitat

Im Text wurde dann allerdings deutlich, dass es sich um kein direktes Zitat handelt. Dort heißt es: "Kardinal bringt AfD indirekt mit Hass und Rassismus in Verbindung" - und weiter:

Ein Christ darf seine Stimme niemandem geben, der Hass verbreitet oder Rassismus predigt, der ausgrenzt und ein Freund-Feind-Schema propagiert", sagte der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, am Tag der Landtagswahlen in drei Bundesländern der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). Und damit auch allen klar ist, dass besonders die bei den Wahlen aussichtsreiche AfD gemeint ist, äußert Marx, dass ihn in der Flüchtlingsdebatte bereits Aussagen der (heute praktischerweise nicht kandidierenden) CSU "zumindest irritiert" hätten. 

Wie "Unzensuriert" bereits andeutet, hatte Marx in der verlinkten FAZ-Meldung gar nicht direkt von der AfD gesprochen. Er sagte: "Ein Christ darf seine Stimme niemandem geben, der Hass verbreitet oder Rassismus predigt, der ausgrenzt und ein Freund-Feind-Schema propagiert." Der politische Streit sei "enthemmter geworden", beklagte der Kardinal.

Diese Aussage spitzte "Unzensuriert" zu. Daraus wurde später ein angeblich direktes Zitat von Marx, das es allerdings nie gab - wie auch die Deutsche Bischofskonferenz auf Anfrage des ARD-faktenfinder bekräftigte.

Aufruf zur Europawahl

Was es tatsächlich gibt, ist ein gemeinsamer Aufruf des Vorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, und von Kardinal Marx, zur Teilnahme an der anstehenden Europawahl. Diese sei eine Richtungswahl zwischen einem "demokratischen, wertebasierten und weltoffenen" oder einem "nationalistischen, autoritären und undemokratischen Europa".

Der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (l.) und der katholische Kardinal Reinhard Marx am 16.09.2017

Veröffentlichten einen gemeinsamen Aufruf: Kardinal Marx und Bedford-Strohm.

Die Kirchen erklären: "Wir sind der Überzeugung, dass ein Weg, der mit hetzerischen Parolen gepflastert oder mit Mauern des Nationalismus abgeschottet ist, in die falsche Richtung führt." Jeder Form von Extremismus und übersteigertem Nationalgefühl trete man daher entschieden entgegen.