Expertengruppe für Bürokratie-Abbau wird gegründet Kein roter Teppich für Stoiber bei der EU

Stand: 19.11.2007 05:33 Uhr

Sieben Wochen ist es her, dass Edmund Stoiber sein Amt als Ministerpräsident von Bayern verlassen hat. Nun wartet eine neue Aufgabe in Brüssel auf ihn: Er soll als Leiter einer Expertengruppe die überbordende Bürokratie in der EU bekämpfen. Über die Details spricht er heute mit EU-Kommissionspräsident Barroso und Industriekommissar Verheugen. Sicher ist aber schon jetzt, dass seine Kompetenzen begrenzt sein werden.

Von Christopher Plass, HR-Hörfunkstudio Brüssel

In Bayern war Edmund Stoiber ein ungekrönter König. In Brüssel wird sich der ehemalige Ministerpräsident mit einer Nebenrolle begnügen müssen. Wenn Edmund Stoiber am Vormittag mit EU-Kommissionschef José Manuel Barroso zusammentrifft, werden beide gleichermaßen die Bedeutung jenes Expertenteams unterstreichen, das Stoiber führen soll.

Bürokratie-Abbau ist ein Ziel, das den europäischen wie auch nationalen Politikern leicht über die Lippen kommt. Aber Edmund Stoiber musste schon im Vorfeld erkennen, dass ihm in Brüssel niemand den roten Teppich ausrollen wird. Die EU-Kommission wird von ihrer Kompetenz nichts abgeben. Schließlich hat sich auch der zuständige Industriekommissar Günther Verheugen den Bürokratie-Abbau auf seine Fahnen geschrieben.

Der SPD-Politiker hat nichts dagegen, dass ihm der ehemalige CSU-Ministerpräsident und seine sogenannte „High-Level-Group“ zuarbeiten. Aber aus der Hand nehmen lassen wird sich Verheugen die politische Aufgabe nicht. Sie heißt, Belastungen für Unternehmen durch bürokratische Regeln zu reduzieren, also „dass wir in der Lage sein müssen, diese Kosten um 25 Prozent zu senken. Das wären 1,5 Prozent des Bruttosozialprodukts - macht 150 Milliarden Euro“, benennt Verheugen sein ehrgeiziges Ziel.

Stoiber bekommt Bürokratie-Vermeidung selbst zu spüren

Damit durch Stoibers Berufung nicht gleich neue Bürokratie geschaffen wird, hält Brüssel ihn eher klein. Stoiber bekommt – abgesehen von Schreibtisch und Sekretariat – keinen eigenen Apparat. Da in der EU-Kommission bereits viele Experten mit dem Thema Entbürokratisierung beschäftigt seien, könnten diese ihm speziell zuarbeiten, heißt es in Brüssel.

Die Zusammensetzung der 15-köpfigen Arbeitsgruppe wird am Vormittag im Wesentlichen bekannt gegeben: Aus Deutschland gelten der Unternehmensberater Roland Berger und Ex-Bahn-Chef Johannes Ludewig als gesetzt.

Drei Beraterfirmen durchforsten den Dschungel

Brüssel hat vor kurzem drei Beraterfirmen mit einer Expertise beauftragt. Diese sollen klären, wie viel Geld der Wirtschaft durch Bürokratie verloren gehe. Die Kosten der Studie: Rund 20 Millionen Euro. Die Ergebnisse soll das Team Stoiber bewerten und daraus Vorschläge ableiten. Drei Jahre Zeit sind dafür zunächst vorgesehen: „Der Abbau der Bürokratie und die Vereinfachung des EU-Rechts sind für mich ein absolutes Muss“, so Stoiber, der für den Job nur eine Aufwandsentschädigung bekommt.

Bürokratieabbau ist aber eine Herkules-Aufgabe. Viele Richtlinien und Verordnungen sind durch politische Beschlüsse zustande gekommen. Es stellt sich also die Frage, ob und wie sie rückgängig gemacht werden können. Günther Verheugen arbeitet seit 2004 daran, den Regelungs-Dschungel zu durchforsten. Bislang ist der Erfolg eher mäßig.

Brüssel hat sich immerhin vorgenommen, bei künftigen Projekten kritischer zu hinterfragen, ob eine europäische Regelung überhaupt nötig ist. Skeptiker weisen zudem darauf hin, dass ein Großteil der Bürokratie gar nicht aus Brüssel kommt, sondern aus den Parlamenten und Amtsstuben der Mitgliedsländer.