Benes-Dekrete sorgen für Diskussion EU-Ausnahmeklausel auch für die Slowakei?

Stand: 19.10.2009 18:08 Uhr

Die Slowakei will möglicherweise eine Ausnahmeklausel wegen der Benes-Dekrete im EU-Reformvertrag. Das regte Ministerpräsident Fico an, da das Nachbarland Tschechien eine solche Klausel fordert. Tschechien will sich damit gegen Forderungen von im Zweiten Weltkrieg Vertriebenen schützen.

Nach Tschechien prüft nun auch die benachbarte Slowakei, bei der Grundrechtcharta des EU-Reformvertrags eine Ausnahmeregelung in Bezug auf die Benes-Dekrete zu erreichen. "Wir haben nur zwei Möglichkeiten: Entweder blockieren wir die Ausnahmeklausel für Tschechien oder wir verlangen, dass sie auch für uns gilt", sagte der slowakische Ministerpräsident Robert Fico in Bratislava.

Der tschechische Präsident Vaclav Klaus fordert bislang, den Lissabon-Vertrag der EU um einen Anhang zu ergänzen, damit die umstrittenen Benes-Dekrete von 1945 nicht international angezweifelt werden können. Klaus fürchtet Rückgabeforderungen von Vertriebenen.

"Slowakei braucht Gewissheit"

Auf Grundlage der Benes-Dekrete waren nach dem Zweiten Weltkrieg rund 2,5 Millionen Sudeten- und Karpatendeutsche enteignet und ohne Entschädigung aus der damaligen Tschechoslowakei vertrieben worden, welche sich 1993 in die zwei souveränen Staaten Tschechien und Sclowakei aufteilte. Die Benes-Dekrete seien auch Teil der slowakischen Gesetzgebung und könnten nicht abgeschafft oder geändert werden, sagte Fico.

Die Slowakei müsste die gleiche Gewissheit wie Tschechien haben, sagte Fico mit Blick auf etwaige Rückgabeforderungen. Der slowakische Außenminister Miroslav Lajcak sagte, die Slowakei werde keine Zusagen für Tschechien unterstützen, die "uns in eine ungünstige oder unterlegene Situation bringen".

Formulierung für beide Staaten gesucht

Die EU will bei ihrem Gipfel Ende des Monats in Brüssel über die Forderungen beraten. Die Slowakei hat den Lissabon-Vertrag bereits im April 2008 ratifiziert. Derzeit wartet Europa auf die Unterschrift von Klaus, damit das Abkommen in Kraft treten kann.

Tschechiens Premierminister Jan Fischer

Tschechiens Premierminister Fischer will den Ratifizierungsprozess nicht neu aufrollen.

Der tschechische Ministerpräsident Jan Fischer erklärte in Prag, seine Regierung suche für die von Klaus geforderte Klausel nach einer Formulierung, mit der auch die Slowakei zufrieden sei und der Ratifizierungsprozess nicht neu aufgerollt werden müsse. Fischers Kabinett erwartet ein Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags noch in diesem Jahr und verhandelt aktuell mit Klaus und der EU über die Benes-Dekrete.