Dänemarks Grenzregeln auf dem Prüfstand EU will Reisefreiheit in Europa verteidigen

Stand: 12.05.2011 17:03 Uhr

Die EU zeigt sich entschlossen, die Reisefreiheit zu verteidigen. Die EU-Kommission will genau prüfen, inwieweit Dänemark die Grenzkontrollen verschärft. Auch der deutsche Innenminister Friedrich warnte davor, die Reisefreiheit zu gefährden. Die EU-Innenminister beschlossen, die Schengen-Regeln anzupassen.

Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkkorrespondent Brüssel

Es brechen andere Zeiten in Europa an. Die Reisefreiheit gerät von immer mehr Seiten unter Beschuss. Erst durch Italien und Frankreich und nun durch die Dänen. Man müsse offen über die "dunkleren Seiten der europäischen Grenzpolitik" sprechen, sagte der dänische Integrationsminister Soren Pind. Seine von einer rechtspopulistischen Partei geduldete Regierung hatte gestern die Wiedereinführung von ständigen Kontrollen an der Landesgrenze zu Deutschland und in den Häfen angekündigt. Grund sei die wachsende grenzüberschreitende Kriminalität. Deshalb sollten Zollbeamte an den Grenzübergängen nun auch mit Hilfe von Scannern genauer hinsehen, ob jemand Drogen oder verborgene Waffen mit sich führe und ob seltsam aussehende Leute in seltsam aussehenden Autos unterwegs seien.

Einen Widerspruch zum Schengen-Abkommen über ein Europa ohne Grenzkontrollen sieht der dänische Minister nicht. Es würden ja nur Zollbeamte und nicht Polizisten eingesetzt. Systematische Passkontrollen solle es auch nicht geben. Die EU-Kommission will nun die Informationen aus Kopenhagen über das neue dänische Kontrollregime prüfen. Sie versicherte schon mal, dass man die Reisefreiheit auf jeden Fall verteidigen werde.

Reisefreiheit in Gefahr

Auch der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich will erst mal sehen, wie sich die dänischen Pläne in der Praxis auswirken. Begeistert sei er aber nicht gerade gewesen, als er gehört habe, dass die Dänen die Schlagbäume wieder herunterlassen. Er sei besorgt, wenn einzelne Staaten mehr und mehr Kontrollen einführten und wenn dies manchmal stärker innenpolitisch und nicht außenpolitisch motiviert sei. Auf diese Weise werde eine Spirale in Gang gesetzt, die die Reisefreiheit zunichte machen könne. "Ich glaube, dass man den Anfängen in dieser Frage wehren muss." Friedrich zufolge schlossen sich viele seiner Innenministerkollegen dieser Sicht an. So kann sich der Bundesinnenminister vorstellen, dass die Dänen angesichts der breiten europäischen Reaktion nachbessern. "Es kann keinem Land daran gelegen sein, sich innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu isolieren", betonte er.

Schärfere Regeln für vorübergehende Kontrollen

Dass Deutschland dem dänischen Beispiel folgend die Zollkontrollen verstärken könnte, dafür sieht Friedrich derzeit übrigens keinerlei Anlass. Bei aller Verteidigung der Reisefreiheit plädiert er aber dafür, die Schengen-Regeln zu überarbeiten. Es müsse klarer definiert werden, unter welchen Bedingungen Grenzkontrollen vorübergehend wieder eingeführt werden können. Der Neuregelung stimmte eine Mehrheit der EU-Innenminister in Brüssel zu.

Die EU-Kommission schlägt dies für den Fall vor, dass ein Abschnitt der EU-Außengrenzen nicht mehr ausreichend gesichert ist, entweder weil ein EU-Land seinen Kontroll-Verpflichtungen nicht gerecht wird oder weil zu viele Flüchtlinge ankommen. Streit gibt es aber darüber, wo über die Außerkraftsetzung der Schengen-Freiheiten entschieden werden soll. In Brüssel, sagt die EU-Kommission. Friedrich ist da anderer Meinung: Er halte nichts von dem Signal, die Aufgabe des Schutzes der Bürger durch die Nationalstaaten an die EU abzugeben. "Das wäre das falsche Signal". Es könne bestenfalls eine Art Lenkungsausschuss aus Vertretern der Mitgliedsstaaten geben, der im Nachhinein auch kritisieren kann, wenn Grenzkontrollen zu leichtfertig wieder eingeführt worden.

F. Meurer, DLF, 12.05.2011 12:37 Uhr