Flugzeugabsturz in der Türkei

Türkisch-russischer Konflikt Moskau zieht wirtschaftliche Konsequenzen

Stand: 26.11.2015 12:30 Uhr

Nach dem Abschuss des Kampfjets an der syrischen Grenze verschlechtern sich die Beziehungen zwischen Moskau und Ankara weiter. Jetzt kündigte Russland an, türkische Lebensmittelimporte verschärft zu kontrollieren.

Die russische Regierung hat die Behörde für Lebensmittelsicherheit aufgefordert, landwirtschaftliche Produkte aus der Türkei verstärkt zu überprüfen. Landwirtschaftsminister Alexander Tkaschjow begründete den Schritt mit "wiederholten Verletzungen russischer Normen durch türkische Hersteller". Er nannte "verbotene und schädliche Substanzen" und stark erhöhte Pestizid- und Nitratwerte als Grund für die Kontrollen. Einen Bezug zum Abschuss des russischen Kampfflugzeugs durch die Türkei stellte der Minister nicht her.

Dmitri Peskow, Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, sagte, es gebe "verschiedene Gründe" für die zusätzlichen Überprüfungen. Dazu gehöre auch eine mögliche terroristische Bedrohung. Peskow legte Wert darauf, dass kein Verbot türkischer Güter in Kraft sei. Mit Blick auf die Kontrollen sagte er: "Dies ist nur normal angesichts der unberechenbaren Handlungen der Türkei."

Es ist nicht das erste Mal, dass Russland auf geopolitische Spannungen mit wirtschaftlichen Maßnahmen reagiert. So besteht etwa seit Sommer 2014 ein Embargo auf die meisten Lebensmittel aus westlichen Ländern. Diese hatten Russland wegen seiner mutmaßlichen Verwicklungen in den Ukraine-Konflikt mit Sanktionen belegt. Auch in den Auseinandersetzungen mit Georgien und der Ukraine hatte Russland entsprechend regiert.

Streit über Abschusshergang geht weiter

Derweil herrscht weiter Uneinigkeit über den Abschuss des russischen Kampfjets an der syrischen Grenze. Russland und die Türkei bestehen weiter auf ihren konträren Versionen. Für Moskau ist klar: Es gab keine Warnungen, die Attacke fand über Syrien statt. Aber Ankara will seine Position mit neuen Details bekräftigen.

Das türkische Militär wusste nach eigenen Angaben nicht, dass das an der syrischen Grenze abgeschossene Kampfflugzeug russisch war. "Die Einsatzregeln wurden auf automatische Weise angewendet", erklärten die Streitkräfte. Sie versicherten zudem, sich nach dem Abschuss am Dienstag bemüht zu haben, die Piloten zu finden und zu retten. Demnach kontaktierten sie auch das russische Militär, um ihre Bereitschaft zu "jeder Form der Kooperation" kundzutun.

Russische Militärvertreter seien ins türkische Armee-Hauptquartier eingeladen worden. Dort sei ihnen erläutert worden, dass eine Einsatzregel befolgt worden sei, weil die Besatzung des russischen Flugzeugs nicht auf Warnungen reagiert habe.

Aufnahme mit angeblicher Warnung veröffentlicht

Die türkischen Streitkräfte wiederholten auch ihre Darstellung, es habe Warnungen an die russische Besatzung gegeben. Die Nachrichtenagentur DHA stellte unter Berufung auf die Armee eine Sprachaufnahme ins Netz. Auf dieser ist die mehrmalige Aufforderung zu hören, nach Süden abzudrehen. Es soll sich dabei um den Funkspruch an die Piloten des am Dienstag abgeschossenen Flugzeugs handeln.

Schon direkt nach dem Abschuss hatte die Türkei erklärt, die Suchoi Su-24 sei mehrfach und über mehrere Minuten hinweg kontaktiert worden.

Pilot bestreitet Kontakt

Der überlebende Pilot des abgeschossenen Kampfjets widersprach der türkischen Darstellung allerdings. Er sagte nach Angaben der Agentur Interfax: Es habe keinen Kontakt gegeben. Laut russischer Darstellung wurde die Maschine am Dienstag über syrischem Gebiet abgeschossen. Außenminister Sergej Lawrow sprach von einer "geplanten Provokation" der Türkei.

Russland fliegt seit September zur Unterstützung des syrischen Machthabers Bashar al-Assad Luftangriffe in Syrien auf die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) und andere Rebellengruppen, darunter auch Verbündete der Türkei. An der Grenze kam es bereits wiederholt zu Zwischenfällen zwischen russischen und türkischen Kampfflugzeugen.