Prinzessin Diana
Interview

Experte Seelmann-Eggebert zum 10. Todestag Dianas "Alle Blicke konzentrierten sich auf sie"

Stand: 31.08.2007 18:05 Uhr

Zehn Jahre nach ihrem tragischen Unfalltod hat das britische Königshaus Prinzessin Diana gedacht. Mit rund 500 geladenen Gästen kam die Königsfamilie zusammen, um Diana mit einem Gottesdienst zu ehren. In der Bevölkerung ist die Faszination, die von der Prinzessin ausgeht, ungebrochen. Was macht diese Anziehungskraft aus? Hat Diana die britische Monarchie verändert? Welche Fehler machte die Queen, und stand die Monarchie damals wirklich auf der Kippe?

Ein Gespräch mit ARD-Adelsexperte Rolf Seelmann-Eggebert.

tagesschau.de: Die Trauer um Diana erreichte 1997 ungekannte Ausmaße – nicht nur in Großbritannien, auch in der ganzen Welt. Was machte das Phänomen Diana aus?

Rolf Seelmann-Eggebert: Das Fernsehen spielt dabei eine große Rolle. Die Ehegeschichte von Charles und Diana hatte sich 16 Jahre lang vor den Augen der Welt abgespielt. Es hat nie eine Prinzessin gegeben, die öffentlicher gelebt hat und nie eine Paar, das weltweit derart beobachtet worden ist. Der zweite Punkt ist, dass Diana in den Jahren ihrer Ehe eine unglaubliche Entwicklung durchgemacht hat: vom schüchternen Teenager bis zur meist fotografierten Frau der Welt, zu einem Weltstar.

Gefolgschaft bei Frauen besonders groß

tagesschau.de: Gab es neben der medialen Wirkung denn auch Eigenschaften an Diana, die die Menschen weltweit faszinierten?

Seelmann-Eggebert: Sie hat bis heute eine große Gefolgschaft, besonders beim weiblichen Geschlecht. Meiner Meinung nach hängt das damit zusammen, dass sie sich zu einem relativ frühen Zeitpunkt gegen ihren Mann aufgelehnt hat. Viele Frauen wünschen sich das vielleicht, trauen sich aber nicht, es zu tun. Hinzu kommt ihr soziales Engagement. Sie hat nicht nur davon geredet, Gutes zu tun, sie hat es auch getan.

tagesschau.de: Aber sie hatte doch auch viele männliche Fans.

Seelmann-Eggebert: Ich glaube, die Männer sind erst allmählich auf sie aufmerksam geworden. Der schüchterne Backfisch war nicht so attraktiv wie später die junge Frau an der Seite von Prinz Charles. Und man darf nicht vergessen, dass ihr die Tatsache, dass sie Kronprinzessin von Großbritannien war, einen Glanz verlieh, den man mit keinem Geld der Welt kaufen kann.

tagesschau.de: Nach dem Tod Dianas schwieg die Queen sehr lange, bis sie sich – von Premier Tony Blair gedrängt – doch noch zu einer Live-Ansprache an ihr Volk entschloss, in der sie ihre Trauer bekundete. Die Kritik an der Monarchie war seinerzeit immens. Wie sehr war die britische Monarchie in diesen Tagen gefährdet?

Die wichtigste Rede im Leben der Queen

Seelmann-Eggebert: Direkt nach Dianas Tod war für wenige absehbar, was sich ereignen würde. Die Queen war nicht in London. Sie saß auf Schloss Balmoral und meinte, dass die beiden Kinder, William und Harry, in Schottland besser aufgehoben wären als im brodelnden London. Sie hat sehr spät realisiert, was wirklich vorging. Zum ersten Mal in der Regierungszeit Elisabeth II. liefen die Empfindungen des Volkes und die Handlungen des Palastes diametral auseinander. Das Volk trauerte und war der Auffassung, die Königin gehöre in diesem Augenblick nach London, aber die Queen schwieg. Erst nach der Intervention von Beratern und dem damals frisch gewählten Premierminister Tony Blair hat die Königin das Ruder gerade noch rechtzeitig herumgerissen, indem sie eine sehr positive Rede auf Diana hielt. Es war möglicherweise die wichtigste Rede in ihrem Leben. Aber ihr Verhalten in der Woche nach dem Tod Dianas wird immer an ihr haften. Ich denke, es war die schwierigste Woche ihrer gesamten Amtszeit.

tagesschau.de: Hat Diana die britische Monarchie verändert?

Seelmann-Eggebert: Ich glaube nicht, dass sie die britische Monarchie wirklich fundamental verändert hat. Klar ist, dass Regeln, an denen man sich früher festgehalten hat, nicht mehr stimmen, wie die Trauerfeier für Diana gezeigt hat. Diana war keine königliche Hoheit mehr, als sie starb. Sie hat - gegen das Protokoll - diese ungeheuere Trauerfeier bekommen, wie sie die Welt nie gesehen hat. Man wird also künftig in jedem Einzelfall prüfen müssen, ob man sich noch auf Modelle der Vergangenheit zurückziehen kann. Der andere Punkt ist der, dass Diana Nähe hergestellt hat. Königshäuser leben eigentlich eher von der Distanz. Diana lebte von der Nähe. Diese Fähigkeit ist sicher auch in das Gedächtnis der Königin eingegangen.

tagesschau.de: Braucht die britische Monarchie nicht gerade solche Menschen wie Diana oder reicht die Kraft der Tradition immer noch?

Seelmann-Eggebert: Wohl dosiert ist Nähe sicher eine positive Eigenschaft für ein Königshaus. Die Windsors geben sich mittlerweile auch größere Mühe. Camilla Parker-Bowles und Prinz Charles haben keine Schwierigkeiten, auf Menschen zuzugehen

Du siehst so unendlich traurig aus

tagesschau.de: Glauben Sie, dass es im Leben von Charles einen einzigen Augenblick gegeben hat, in dem er Diana geliebt hat?

Seelman-Eggebert: Den gab es mit Sicherheit. Er selbst redet immer davon, wie Diana ihm anlässlich der Beisetzung seines Großonkels Louis Mountbatten, mit dem ihn ein sehr inniges Verhältnis verband, gesagt hat: "Du siehst so unendlich traurig aus, und ich denke, es ist gut, wenn jemand an deiner Seite ist." Das hat ihn nach eigener Aussage sehr gerührt. Und: Die Hochzeit war ein freudiges Ereignis. Der Balkon-Auftritt nach der Hochzeit - da sah man ein liebendes Paar. Man kann mindestens von vier oder fünf glücklichen Jahren sprechen, die sie gemeinsam verbracht haben.

tagesschau.de: Sie haben das Leben von Prinzessin Diana als ARD-Korrespondent über Jahre verfolgt. Wie haben Sie sie persönlich erlebt?

Seelmann-Eggebert: Ich habe sie 1987 eine Woche durch Deutschland begleitet. Sie war damals schon eine Frau mit einer gewissen Ausstrahlung. Wenn sie den Raum betrat, hatte sie eine Aura, und es war ganz klar, dass sich alle Blicke sofort auf sie konzentrierten. Sie beherrschte den britischen Small Talk sehr gut - also hingeworfene Sätze, schnelle lustige Antworten. Sie hatte viel Mutterwitz. Und wenn sie von sich selbst sagte, sie sei strohdoof, dann konnte man das nur als das typische britische Understatement betrachten.

Das Interview führte Sabine Klein, tagesschau.de