Interview

Interview mit Frank Ballot ''Es ist sinnlos, nur Geld hinein zu pumpen''

Stand: 28.08.2007 23:36 Uhr

Das Ausmaß des Elends in Liberia ist groß. Die Zahl der Menschen in Not schätzen die Vereinten Nationen allein in Monrovia auf 1,3 Millionen. Es besteht akute Seuchengefahr. Vom Leid im Hinterland Liberias ist noch kaum etwas bekannt. Der Weltverband Caritas ist seit 15. August in Monrovia. tagesschau.de sprach mit Frank Ballot, Westafrika-Spezialist bei der Caritas.

tagesschau.de: Wie geht es den Caritas-Helfern in Monrovia?

Ballot: Unsere Leute sind viel unterwegs. Die Sicherheitslage ist allerdings schwierig. Im Augenblick funktioniert alles ganz gut, und sie können sich frei bewegen. Es kann sich aber alles schnell ändern. Wir haben fünf Mitarbeiter verschiedener Caritas-Organisationen nach Liberia gesandt, allesamt erfahrene Nothilfe-Manager. Zusätzlich ist der Leiter unserer Partnerorganisation Caritas Liberia vor Ort dabei.

tagesschau.de: Wie hilft Ihr Team vor Ort?

Ballot: In den ersten zwei Wochen versuchen wir zu klären, was die Menschen am dringendsten brauchen. Wer beschafft die benötigten Dinge? Wie transportiert man sie? Wir klären, was die örtliche Caritas abwickeln kann, und in welchen Bereichen sie weitere Unterstützung von Dritten braucht. Auch ein Kostenplan wird erstellt.

tagesschau.de: Was brauchen die Menschen am dringensten?

Ballot: Die Menschen in Monrovia brauchen in erster Linie Lebensmittel, Wasser, Decken für die Kinder und oft auch Koch-Utensilien. Wir haben außerdem medizinische Notfall-Versorgung nach Liberia gebracht, die drei Monate lang für 20.000 Menschen ausreicht.

tagesschau.de: Wie organisieren Sie die Arbeit vor Ort?

Ballot: Wir setzen Schwerpunkte: Wir konzentrieren uns auf besonders schwache Gruppen wie zum Beispiel Behinderte, Kinder oder alleinstehende Mütter. Dabei werden wir auf Strukturen zurückgreifen, die es im Land gibt. Wir stellen uns also nicht selbst an eine Straße und geben Lebensmittel aus. Meist verteilen wir die Hilfsgüter über andere kirchliche Einrichtungen. Damit meine ich beispielsweise Behindertenheime oder Waisenhäuser. Die Mitarbeiter dieser Institutionen sind erfahrene Leute und haben bereits eine funktionierende Struktur aufgebaut. Das gewährleistet, dass wir mit unseren Hilfsmitteln die Zielgruppen auch erreichen.

tagesschau.de:  Reicht das Geld, das Sie zur Verfügung haben,  für die Aufgabe?

Ballot: Das Geld ist oft gar nicht so sehr das Problem. Vieles von dem, was wir tun, ist Logistik, oft auch einfach Bürokratie. Das ist von elementarer Bedeutung. Sonst herrscht ganz schnell Chaos. Es ist eine romantische Vorstellung, dass wir einfach nur Helfer sind und den Armen Dinge geben. Das tun wir natürlich, aber es muss sehr gut organisiert sein. Sonst ist es, als schütte man die Hilfsgüter in ein Loch ohne Boden. Es hat keinen Sinn – auch nicht in einer Katastrophensituation – einfach etwas in ein Land hineinzupumpen. Wir müssen die Hilfsgüter gerecht verteilen.

Die Fragen stellt Diane Scherzler für tagesschau.de