Ausblick auf ein halbes Jahr Präsidentschaft Finnlands EU-Vorsitz beginnt mit "Apocalyptica"

Stand: 01.07.2006 10:41 Uhr

Finnland hat die EU-Ratspräsidentschaft von Österreich übernommen. In den kommenden sechs Monaten will die Regierung in Helsinki unter anderem die Beziehungen der EU zu Russland verbessern und sich um Fragen der Erweiterung kümmern.

Von Christopher Plass, HR-Hörfunkstudio Brüssel

Die finnische EU-Präsidentschaft hat sich zum Auftakt ihrer Amtszeit etwas besonders einfallen lassen: Am Samstagabend soll die Heavy-Metal-Band "Apocalyptica" im Brüsseler Zentrum die abgekühlte Europa-Stimmung anheizen. Finnland hat eine "Hard-Rock-Präsidentschaft" versprochen, in Anlehnung an den jüngsten Erfolg der Monstergruppe "Lordi" beim Grand-Prix de Eurovision. Die Finnen, die zum zweiten Mal seit ihrem EU-Beitritt den Vorsitz übernehmen, präsentieren sich dabei zunächst einmal europäisch. Ministerpräsident Matti Vanhanen spricht unter anderem fließend deutsch, Außenminister Erkki Tuomioja fließend englisch und französisch. Sprachlich sind eher die anderen EU-Partner gefordert, denn die teilweise schwierigen Namen der Nordeuropäer werden jetzt eine größere Rolle spielen, zum Beispiel der des Außenministers

Außen- und Erweiterungspolitik im Fokus

Außenminister Tuomioja trägt die größte Last der Hard-Rock-Präsidentschaft. Finnland wird den Wegweiser auf der Suche nach Lösungen in schwierigen außenpolitischen Fragen spielen müssen: Wie mit Iran umgehen, was gegen die Eskalation im Nahen Osten tun? Und in die finnische Präsidentschaft werden wichtige Erweiterungsentscheidungen fallen: Im Herbst muss klar sein, ob Bulgarien und Rumänien zum 1. Januar der EU beitreten dürfen. Entschieden werden muss auch darüber, ob die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei demonstrativ auf Eis gelegt werden sollten. Denn Ankara weigert sich, die Zollunion mit der EU so umzusetzen, dass auch der verfeindete griechische Teil Zyperns sich von der Türkei de facto anerkannt fühlen könnte. Die EU hat hier von der Türkei die Umsetzung im Sinne Zyperns verlangt.

Schwerpunkt Russland

Finnland hat aber einen besonderen außenpolitischen Schwerpunkt: Russland, denn so der Außenminister: "Nicht nur weil Russland unser direkter Nachbar ist. Sondern auch weil die Beziehungen zwischen der EU und Russland für die Union strategisch besonders bedeutend sind. Und es gibt auch praktische Fragen, denen wir uns als Präsidentschaft besonders zuwenden werden."

Zusammenarbeit bei der Energieversorgung beispielsweise. Erstmals soll daher Russlands Präsident Wladimir Putin an einem EU-Gipfel teilnehmen, am informellen Treffen Mitte Oktober im finnischen Lahti.

EU-Verfassung ist vorerst kein Thema

Keine großen Erwartungen wollen die Finnen beim Thema Verfassung schüren. Man werde die Konsultationen vorantreiben, wie das auf Eis gelegte Vertragswerk gerettet werden könnte, sagt der Außenminister. Und symbolisch soll das finnische Parlament im September das vorliegende Paket ratifizieren.

Aber Finnland baut hier nur die Brücken zur anschließenden deutschen Präsidentschaft, die in der Verfassungsfrage die nächsten Meilensteine setzen soll.