Mehr Hilfe der Mitgliedsländer gefordert Europa verlängert Patrouillen auf See

Stand: 30.08.2006 18:30 Uhr

Die EU-Kommission hat die Mitgliedsstaaten der Union aufgefordert, Spanien bei der Bewältigung des Ansturms afrikanischer Flüchtlinge zu helfen. Die Patrouillen gegen illegale Einwanderer vor den Kanaren werden bis zum Jahresende verlängert. Dabei sollen jedoch Fehler aus der Vergangenheit vermieden werden.

Europas Patrouillen gegen illegale Einwanderer vor den Kanaren sollen bis zum Jahresende verlängert werden. Entsprechende Pläne kündigte EU-Justizkommissar Franco Frattini in Brüssel nach einem Treffen mit der spanischen Vize-Regierungschefin María Teresa Fernández de la Vega an. Beide Gesprächspartner beklagten, dass bisher nur vier EU-Länder neben Fachleuten auch materielle Unterstützung geschickt hätten. Für eine ähnliche Überwachungsaktion vor Italiens Küste würden - anders als in Spanien - auch zwei deutsche Hubschrauber erwartet, sagte Frattini.

De la Vega: "Problem des ganzen Kontinents"

"Dies ist nicht das Problem eines Landes, sondern eines Kontinents - des europäischen Kontinents", sagte de la Vega zum andauernden Zustrom vor allem afrikanischer Bootsflüchtlinge nach Spanien. Neben Experten aus anderen EU-Ländern brauche Spanien dringend auch Schiffe und Flugzeuge, um das Seegebiet zwischen den Kanarischen Inseln und der afrikanischen Küste zu überwachen.

Tausende sterben bei Fluchtversuchen

Auf der spanischen Inselgruppe sind seit Jahresbeginn rund 18.000 illegale Einwanderer angekommen. Die Behörden zählten fast 500 Menschen, die bei der gefährlichen Überfahrt ums Leben kamen. Von anderen fehlt jede Spur. Hilfsorganisationen schätzen die Zahl der Toten auf rund 3000. Dies sei "eine für Europa inakzeptable Tragödie", sagte Frattini. Nach jüngsten Zahlen kamen alleine im August 4850 afrikanische Bootsflüchtlinge auf den Kanaren an. Das sind 100 mehr als im gesamten Jahr 2005.

Auch in Italien und auf Malta landen derzeit fast täglich Boote mit illegalen Einwanderern. Vor knapp zwei Wochen waren bei zwei Flüchtlingsdramen vor der süditalienischen Insel Lampedusa mindestens 70 Menschen ums Leben gekommen. Unterdessen hat der westafrikanische Staat Senegal Presseberichten zufolge nach wochenlangem Zögern die Überwachung seiner Küsten durch spanische Patrouille-Schiffe gestattet.

Pannen bei bisherigen Aktionen

Der EU-Kommissar will die gemeinsamen Patrouillen auch deshalb verlängern, um Folgerungen aus den Pannen bei diesem ersten Einsatz der europäischen Grenzschutzagentur Frontex zu ziehen. Unter anderem habe es ein Kompetenzgerangel gegeben. Der Einsatz war erst nach monatelangem Hin und Her sehr zögerlich angelaufen. Eine zweite Frontex-Aktion werde am 7. September im Mittelmeer starten, sagte Frattini. Dafür habe Deutschland zwei Hubschrauber zugesagt.

Konferenz zu illegaler Zuwanderung angekündigt

Malta kündigte für Mitte nächster Woche eine Konferenz zur Abwehr illegaler Einwanderung über das Mittelmeer an. Wie Maltas Innenminister Tonio Borg mitteilte, soll auf der hochrangig besetzen Tagung mit Vertretern aus Libyen und Italien über die verstärkten See-Patrouillen gesprochen werden. Nach Borgs Angaben ist die Konferenz ein Novum: Italiens Innenminister Giuliano Amato und der für öffentliche Ordnung zuständige libysche Minister Salah Radschab Al-Masmari würden in Valletta erstmals zusammenkommen, um über illegale Einwanderung zu sprechen.

Kein Veto-Recht bei Einwanderungsfragen mehr?

An die EU-Innenminister will Kommissar Frattini bei deren Treffen im finnischen Tampere Ende September appellieren, sich auf Schritte für eine gemeinsame Politik zur legalen Einwanderung zu einigen. Er erhofft sich davon eine Abschwächung der illegalen Einwanderung. Die Kommission möchte das Vetorecht der EU-Staaten auf diesem Gebiet abschaffen. Deutschland will Mehrheitsentscheidungen hingegen nur mit der derzeit blockierten EU-Verfassung einführen.