Fortschrittsbericht der EU-Kommission zur Türkei EU fordert mehr Reformwillen von der Türkei

Stand: 08.11.2006 13:44 Uhr

Die EU-Kommission hat den Beitrittsbefürwortern in der Türkei einen Dämpfer erteilt. In ihrem "Fortschrittsbericht" kritisiert die Kommission besonders das ihrer Meinung nach zu langsame Reformtempo. Besonders in der Zypern-Frage fordert sie Zugeständnisse von der Regierung in Ankara.

Die EU-Kommission hat der Türkei im so genannten Fortschrittsbericht keine guten Noten erteilt. Zentraler Kritikpunkt ist die noch immer ungeklärte Zypern-Frage. Die Kommission verlangt von der Regierung in Ankara, die türkischen Häfen auch für Schiffe aus Zypern zu öffnen. Das türkische Verbot für zyprische Schiffe und auch Flugzeuge verstoße gegen die europäischen Zollbestimmungen, hieß es.

Die Öffnung ist Teil eines Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Türkei. Darin verpflichtet sich die türkische Regierung, das Abkommen auch auf die im Mai 2004 hinzugekommenen neuen EU-Mitglieder auszudehnen, zu denen auch die Republik Zypern gehört. Zwar hat türkische Regierung das Protokoll unterzeichnet. Ratifizieren will sie es aber erst, wenn der seit 1974 von türkischen Soldaten besetzte und international nicht anerkannte Nordteil Zyperns frei mit der EU Handel treiben kann.

Grundrechte sollen gestärkt werden

In ihrem 75-seitigen Bericht kritisierte die Kommission vor allem, dass ein umstrittener Paragraf aus dem Strafgesetzbuch noch nicht geändert ist, der die Meinungsfreiheit einschränke. Die EU-Behörde warf der Türkei zudem einen Mangel an Religionsfreiheit und zu schwache Rechte von Frauen und Minderheiten vor.

Kommissionspräsident droht mit Konsequenzen

EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn gab keine Empfehlung zur Frage, ob die Verhandlungen mit der Türkei abgebrochen oder ausgesetzt werden sollen. Kommissionspräsident Jose-Manuel Barroso erklärte, der Türkei werde bis Dezember Zeit gegeben, ihrer vertraglichen Verpflichtung nachzukommen. Ansonsten werde die Kommission auf dem EU-Gipfel im Dezember Konsequenzen fordern.

Die Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und der Türkei laufen seit 13 Monaten und sind auf zehn bis 15 Jahre angelegt. Außer zu den Verhandlungen mit der Türkei und mit Kroatien will Rehn auch zur späteren Annäherung von Albanien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Montenegro und Serbien an die EU Stellung nehmen.