EU-Russland-Gipfel Heikle Mission an der Wolga

Stand: 24.08.2007 05:31 Uhr

Viel war darüber spekuliert worden, ob der EU-Russland-Gipfel überhaupt stattfinden würde: Das Vorgehen russischer Polizisten gegen Demonstranten, der Denkmalstreit mit Estland, das Tauziehen um den Raketenschild - die Beziehungen zu Moskau sind belastet. Das Treffen findet nun statt - für Kanzlerin Merkel wird es keine einfache Mission.

Von Michael Becker, MDR, Hörfunkstudio Brüssel

Wladimir Putin hat eingeladen. Nicht nach Moskau, sondern in den kleinen Kurort Wolschski Utjos in der Nähe von Samara. Dort trifft man sich in einem traditionellen Erholungszentrum. Der Ort ist insofern gut gewählt, als beiden Seiten ein bisschen Entspannung ganz gut tun würde.

Die Beziehungen zwischen der EU und Russland sind so schlecht wie schon lange nicht mehr, die Liste der Probleme ist lang. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist das Treffen mit Putin eine der heikelsten Missionen während der deutschen EU-Präsidentschaft.

Probleme mit den einstigen Partnern

Probleme bereiten vor allem die neuen EU-Länder in Osteuropa, zwischen einigen von ihnen und Moskau herrscht Eiszeit. Im Kreml kann man sich offenbar nicht daran gewöhnen, dass es in Osteuropa mit EU und Nato im Rücken ein neues Selbstbewusstsein gibt. "Wir müssen und wir wollen zusammen arbeiten, aber es gibt leider immer noch ein Gefühl des Misstrauens", räumt Merkel ein. "Das müssen wir versuchen auszuräumen.“

Da hat sie eine Menge zu tun: Das kleine Estland etwa hat sich mit dem großen Nachbarn im Osten angelegt. Die Regierung in Tallinn hatte ein sowjetisches Kriegerdenkmal aus dem Zentrum vor die Tore der Stadt verlegt - und Moskau damit bis aufs Blut gereizt. Estland hätte den EU-Gipfel mit Russland am liebsten platzen lassen, hört man in Brüssel. Die deutsche Präsidentschaft hält davon nichts: "Gerade wenn die Zeiten etwas schwieriger sind, brauchen wir das Gespräch", so Außenminister Frank-Walter Steinmeier. "Wir brauchen es auch mit Russland." Steinmeier war Montag überraschend ins Flugzeug gestiegen und nach Moskau geflogen, um den russischen Präsidenten zu treffen - das Eis konnte er aber auch nicht brechen.

Streit um Energielieferungen

Auch nicht im Streit zwischen Russland und Polen: Die Amerikaner wollen Abwehrraketen in Polen stationieren. Das nimmt man den Polen im Kreml besonders übel. Außerdem lässt Moskau seit anderthalb Jahren kein Fleisch aus Polen mehr ins Land - wegen angeblicher Hygienemängel. Polen stellt sich deshalb quer bei einem neuen Partnerschaftsabkommen, das die EU mit Russland unter anderem für mehr Sicherheit bei Energielieferungen schließen will.

Angela Merkel wollte mit Putin eigentlich den Startschuss für die Verhandlungen geben, jetzt aber kommt sie mit leeren Händen nach Russland. "Ja, das wird ein schwieriger Gipfel werden“, gibt Außenminister Steinmeier offen zu. Dementsprechend kurz wird das Treffen mit Putin ausfallen: Heute Abend ein Essen im kleinen Kreis, morgen dann einige kurze Arbeitssitzungen. Die können aber auch erst am späten Vormittag beginnen, weil - so hört man - Putin nicht auf seinen Frühsport verzichten will. Für Merkel geht es deshalb vor allem um eins: die Luft herauslassen und verhindern, dass die Beziehungen zu Russland sich weiter dramatisch verschlechtern.