Konflikt um Status des Kosovo Serbisches Parlament stellt EU-Annäherung in Frage

Stand: 27.12.2007 09:48 Uhr

Serbien soll nach dem Willen des Parlaments in Belgrad eine EU-Mitgliedschaft ablehnen, wenn diese ein unabhängiges Kosovo akzeptieren sollte. Der Beschluss wurde von den wichtigsten Parteien der Regierungskoalition ebenso unterstützt wie von den Nationalisten und den Sozialisten.

Das serbische Parlament hat seinen Anspruch auf das Kosovo bekräftigt und vor den Auswirkungen einer möglichen Unabhängigkeit auf die diplomatischen Beziehungen mit Europa gewarnt. Serbien werde "besonders die diplomatischen und alle anderen Beziehungen zu Ländern, die möglicherweise ein unabhängiges Kosovo anerkennen, überdenken", hieß es in einer mit großer Mehrheit angenommenen Resolution. Auch solle bei allen internationalen Abkommen, die Serbien unterzeichnet, sichergestellt sein, dass sie seine Souveränität und Gebietseinheit wahren. Ausdrücklich genannt wurde das kurz vor der Unterzeichnung stehende Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) mit der Europäischen Union.

Kosovo Chronologie Ex-Jugoslawien

1989 verliert das Kosovo seinen Autonomiestatus.

1990 löst Belgrad die Provinzregierung im Kosovo auf, nachdem sich die Kosovo-Albaner unabhängig erklärt hatten. Mehr als 100.000 Menschen werden aus Verwaltung und Betrieben entlassen.

1998 kommt es zu Kämpfen zwischen serbischen Sicherheitskräften und der kosovarischen Untergrundarmee UCK. Viele Albaner fliehen.

1999 fliegt die NATO Luftangriffe gegen serbische Ziele, nachdem internationale Friedensverhandlungen gescheitert sind. Unter dem militärischen Druck zieht der serbische Präsident Milosevic die Truppen zurück. Fortan steht das Kosovo unter UN-Verwaltung.

2006 beginnen in Wien Verhandlungen über den zukünftigen Status des Kosovo.

2007 schlägt der UN-Gesandte Martti Ahtisaari vor, das Kosovo in die "überwachte Unabhängigkeit" zu entlassen. Serbische Enklaven sollen sich weitestgehend selbst verwalten. Während die Albaner den Plan begrüßen, lehnen die Serben ihn ab.

2008 proklamiert das Kosovo-Parlament mit 109 Stimmen bei elf abwesenden Abgeordneten (darunter zehn Serben) auf Grundlage des "Ahtisaari-Plans" einseitig die Unabhängigkeit der Provinz als "Republik Kosovo". Serbiens Staatspräsident Boris Tadic erklärt, sein Land werde alles in seiner Macht Stehende tun, um die "willkürlich und illegal" proklamierte Unabhängigkeit zu annullieren.

2009 tritt das Kosovo der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds bei. Andere internationale Organisationen, namentlich die UNO, bleiben dem Kosovo dagegen verschlossen.

2010 hält das Land die erste Parlamentswahl seit der Erklärung der Unabhängigkeit ab. Die sozialdemokratische Partei PDK von Ministerpräsident Hashim Thaci erhält die meisten Stimmen, braucht aber Koalitionspartner zur Bildung einer Regierung.

Nach einer fast achtstündigen Debatte stimmten 220 Abgeordnete für den Text, 14 waren dagegen und drei enthielten sich. Die Resolution wurde vom pro-europäischen Präsidenten Boris Tadic und dem konservativen Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica unterstützt. "Serbien wird niemals ein unabhängiges Kosovo akzeptieren", sagte Tadic im Parlament. Kostunica bezeichnete ein unabhängiges Kosovo als "Marionettenstaat". Die USA würden ihn nur aus eigenen militärischen und Sicherheitsinteressen anerkennen. Er rief zu weiteren Verhandlungen auf und forderte einen "Kompromiss".

Das seit 1999 unter UN-Verwaltung stehende Kosovo ist zu mehr als 90 Prozent albanischsprachig und will Ende Januar oder Anfang Februar die Unabhängigkeit von Serbien erklären. Die USA und einige europäische Länder hatten angedeutet, dass sie den neuen Staat anerkennen würden, nachdem mehr als zwei Jahre andauernde Verhandlungen zwischen Albanern und Serbien gescheitert waren.

Der designierte Ministerpräsident des Kosovo, Hashim Thaci, hatte kurz nach seinem Wahlsieg im November versprochen, die Unabhängigkeit nur nach Absprache mit den USA und der EU auszurufen. Letztere drängt darauf, mindestens die serbischen Präsidentschaftswahlen am 20. Januar abzuwarten, um den extremen nationalistischen Kräften dort keinen Auftrieb zu geben.