Regierung richtet Internierungslager ein Eine Million Flüchtlinge überfordern Griechenland

Stand: 30.04.2012 21:49 Uhr

Griechenland ist mit seinem Flüchtlingsproblem überfordert. Das Land hat elf Millionen Einwohner, zusätzlich leben eine Million Flüchtlinge in dem Land. Kurz vor der Wahl zeigt die Regierung Härte: sie will bis zu 50 Internierungslager einrichten, in denen die Immigranten untergebracht werden sollen.

Von Thomas Bormann, ARD-Hörfunkstudio Istanbul, z.Zt Athen

"Wir wollen die Fremden hier nicht haben", schimpfen Bürger aus Amygdaleza im Nordwesten Athens. An der Polizeiabsperrung haben sie sich versammelt und protestieren gegen das Internierungslager für illegale Migranten in Sichtweite ihrer Häuser. Sie haben Angst, dass mit den Flüchtlingen auch die Kriminalität nach Amygdaleza kommt.

Die Stimmung ist aufgeheizt. Innenminister Michali Chrisochoidis versichert den Anwohnern, die Flüchtlinge würden die Lager nicht verlassen dürfen - sie leben dort in Containern, das Gelände ist meterhoch mit Stacheldraht umzäunt.

Gleichzeitig wehrt sich der Minister gegen den Vorwurf, Griechenland würde die Flüchtlinge menschenunwürdig behandeln: "Wir sorgen uns um alle Bürger in diesem Land, egal welche Religion oder Nationalität sie angehören. Gleichzeitig muss ich aber bei allem Mitgefühl sagen: Es geht nicht, dass hunderttausende Menschen illegal auf der Straße leben. Sie sind Opfer illegaler Schleuser, die Drogenhandel und Prostitution und und somit auch Krankheiten verbreiten", so der Minister.

In ehemaligen Kasernen will die griechische Regierung landesweit 30 bis 50 solche Lager einrichten, jeweils für rund 1000 Flüchtlinge. In den Lagern sollen sie auf ihre Abschiebung in die Heimatländer warten. "Keine Konzentrationslager, kein Rassismus" rufen Demonstranten der linken Szene in Athen. Sie werfen der Regierung vor, kurz vor der Wahl Härte gegen Ausländer zu zeigen und diese somit zum Sündenbock für die Probleme Griechenlands zu machen.

"Es gibt keine Arbeit, keine Wohnung und kein Essen"

Die griechische Verwaltung ist mit dem Flüchtlingsproblem völlig überfordert. Schätzungen gehen davon aus, dass rund eine Million Flüchtlinge in Griechenland leben, bei einer Gesamtbevölkerung von gut elf Millionen Menschen. Die meisten der Flüchtlinge stammen aus Afrika oder Asien und sind über die grüne Grenze von der Türkei her ins Land gekommen.

Früher fanden viele noch Arbeit doch heute gibt es keine Arbeit mehr. Jetzt streifen Tausende Flüchtlinge durch Athen, ohne Arbeit und ohne Obdach wie der Pakistaner Abdul Amid. "Seit dem letzten Jahr ist es hier sehr schwer geworden. Es gibt keine Arbeit mehr, auch keine Wohnung oder etwas zu essen. Wir sind so viele und es gibt nichts. Und sie geben uns keine Papiere", beklagt sich Amid.

Rechtsextreme Schlägertrupps verunsichern Stadtviertel

Einen Antrag auf Asyl können Flüchtlinge in Griechenland praktisch nicht stellen, denn die zuständigen Behörden haben weder Geld noch Personal. Sie sind schlicht und einfach geschlossen. Nur die Fremden-Polizei in Athen bearbeitet Asylanträge: 20 pro Tag - bei Zigtausenden Antragstellern.

Wer es dennoch geschafft hat wie der 18-jährige Ali Amami aus Afghanistan, lebt gefährlich. Er hat Asyl bekommen und besucht nun in Athen die Schule. Doch auf dem Schulweg wurde er überfallen. Er läuft aus Krücken, das rechte Bein ist bandagiert. "Ich musste ins Krankenhaus. Sie haben mich mit dem Messer angegriffen und geschlagen. Sie waren zehn Leute", erzählt Amami. Rechtsextreme Schlägertrupps patrouillieren durch manche Stadtviertel Athens und machen Jagd auf Ausländer.

UNHCR mahnt Hilfe von der EU an

Jetzt im Wahlkampf kocht das Flüchtlings-Thema hoch. Das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR mahnt, dass die neuen Internierungslager das Problem nicht lösen werden. Und viele Hilfsorganisationen in Athen meinen: Griechenland schafft es einfach nicht allein, mit den vielen Flüchtlingen fertig zu werden. Die EU muss dem Land helfen. Nicht nur mit Geld, sondern auch mit Fachleuten, damit die unhaltbaren Zustände ein Ende haben.