Die Insel nach der Abstimmung Großbritannien sucht nach (Aus-)Wegen

Stand: 28.06.2016 10:52 Uhr

Wie geht's weiter in Großbritannien nach dem Referendum? Die britischen Politiker suchen nach Wegen. Ohne mich, sagt Finanzminister Osborne, mit mir meint Labour-Chef Corbyn, vielleicht mit einem weiteren Referendum, findet Gesundheitsminister Hunt.

Nach dem Votum der Briten für einen EU-Austritt suchen britische Politiker nach Wegen, wie es weiter gehen kann. Gesucht wird unter anderem ein neuer Premierminister. Finanzminister George Osborne stellt klar: Er steht für den Posten nicht zur Verfügung. Er sei als Brexit-Gegner nicht der Richtige fürs Amt. Aktuell unterstütze er keinen möglichen Nachfolgekandidaten von Cameron. Es gehe für den nächsten Regierungschef darum, die Beziehungen mit der EU zu bestimmen. Dabei sei es unrealistisch, alle Vorteile ohne die Kosten auszuhandeln. Osborne geht davon aus, dass Steuern erhöht und Ausgaben reduziert werden müssen. Wichtig für Großbritannien sei, in den Gesprächen mit der Europäischen Union die bestmöglichen Handelsbedingungen zu erreichen.

Vielleicht doch ein zweites Referendum?

Auch Gesundheitsminister Jeremy Hunt macht sich Gedanken darüber, wie es weiter gehen kann. Er hält sogar eine zweite Volksabstimmung für möglich. Voraussetzung sei aber, dass sein Land zunächst mit der EU ein Einwanderungsabkommen erziele, damit Großbritannien vollständige Kontrolle über seine Grenzen erhalte, sagte Hunt im "Daily Telegraph". Hunt werden Ambitionen auf die Nachfolge von Premierminister Cameron nachgesagt.

Der britische Gesundheitsminister Jeremy Hunt

Der britische Gesundheitsminister Jeremy Hunt

Seine Taktik, erst zu verhandeln und dann erst über einen Austritt zu entscheiden, stößt bei der EU bislang auf Ablehnung. Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und Italiens Regierungschef Matteo Renzi wollen erst dann mit den Briten Gespräche führen, wenn der Austrittsantrag in Brüssel eingegangen ist.

Gleichzeitig überschlagen sich in Großbritannien nach Einschätzung von ARD-Korrespondentin Julie Kurz die Ereignisse: "Es gibt Turbulenzen am Devisenmarkt, erste Hedgefonds-Manager wetten gegen das britische Pfund und Finanzminister Osborne hält Steuererhöhungen für möglich." Auch die Forderung, die einige Politiker nun erheben, das Parlament solle sich dem Votum widersetzen, ist unrealistisch - das würde eine schwere demokratische Krise auslösen.

Labour: 20 Schattenminister gehen, der Chef bleibt

Auch die oppositionelle Labour-Partei steckt in großen Schwierigkeiten. Als Folge der Brexit-Entscheidung sind inzwischen zwanzig Mitglieder des Schattenkabinetts von Parteichef Jeremy Corbyn zurück getreten. Der Labour-Führer selbst will jedoch sein Amt behalten. "Jeremy Corbyn tritt nicht zurück, er bleibt", so John McDonell, ein Vertrauter des Labour-Chefs.

Und auch an anderer Stelle rumort es weiter. Londons neu gewählter Bürgermeister Sadiq Khan verlangt mehr Unabhängigkeit für die britische Hauptstadt. London hatte mehrheitlich gegen den Brexit gestimmt.