Papandreou stellt Vertrauensfrage Griechische Machtspiele im Angesicht der Pleite

Stand: 04.11.2011 12:57 Uhr

Auf Biegen und Brechen versucht der griechische Ministerpräsident Papandreou, bei der heutigen Vertrauensabstimmung im Parlament seine Macht zu retten. Der Erfolg ist ungewiss. Nicht nur die Regierungspartei, sondern auch die Opposition schachert um die eigene Macht.

Von Reinhard Baumgarten, ARD-Hörfunkstudio Istanbul 

Über Nacht hat sich der Staub in Athen etwas gelegt, der durch die politischen Kapriolen von Ministerpräsident Giorgos Papandreou gestern aufgewirbelt worden war. Doch der griechische Regierungschef agiert nach wie vor im Trüben. Welches Spiel spielt Papandreou wirklich, fragen sich heute viele Griechen.

Gestern noch deutete Papandreou an, ein Rücktritt zum Wohle des Landes sei durchaus denkbar. Heute ist davon nicht mehr die Rede. Heute geht es darum, die eigenen Abgeordneten auf Biegen und Brechen hinter sich zu bringen und die Vertrauensabstimmung im Parlament zu gewinnen. Sicher ist das nicht.

Hauchdünne Mehrheit vor Vertrauensfrage

Die Mehrheit der sozialistischen Pasok ist hauchdünn: zwei Stimmen, vielleicht auch nur noch eine. Es gibt Abweichler, es gibt Zweifler und es gibt viele, die wissen, dass ihre eigene politische Zukunft gefährdet ist, wenn Papandreou scheitert. Zum Beispiel der Pasok-Abgeordnete Nassos Alevras. "Es sollte die Verantwortung aller wichtigen politischen Parteien in Griechenland sein, eine Regierung der Einheit zu bilden, damit Griechenland alle nötigen Schritte unternimmt, um in der Eurozone zu bleiben", sagt er.

Das will auch die Opposition. Aber sie fordert schnelle Neuwahlen möglichst noch vor Weihnachten. Oppositionsführer Antonis Samaras misstraut Papandreou zutiefst. Beide kennen sich seit ihren Studententagen in den USA. Samaras will eine Übergangsregierung. Das will Papandreou auch - aber nicht für wenige Wochen, wie von Samaras gefordert, sondern für etliche Monate. Samaras will, dass Technokraten und Experten diese Übergangsregierung bilden. Papandreou will seiner Pasok - und damit sich selbst - die Macht auf Dauer sichern.

Harsche Kritik der Bevölkerung

Das Volk schaut diesem Feilschen fassungslos zu. "Das Beste für das griechische Volk wäre, wenn der Ministerpräsident das politische System verlässt und es anderen überlässt, Wege zu finden, die sechste Hilfstranche zu bekommen", sagt ein Geschäftsmann. Danach sollten seiner Meinung nach Wahlen stattfinden. Vangelis Pirnis hält dem entgegen: "Wahlen, immer nur Wahlen. Das ist alles total psychotisch. Es ist eine Schande. Jeder sagt, Papandreou blickt's nicht mehr, er ist ruchlos. Er muss gehen, damit wir zur Ruhe kommen, damit wir wieder produktiver sind, investieren und Geld ausgeben. Es ist ja Geld da."

Ein Rentner fügt hinzu: "Es sieht schlecht aus. Das ist so ein Durcheinander, alles ist möglich." Vielleicht bekomme Papandreou das Vertrauen der Parlamentsmehrheit, vielleicht gebe es Neuwahlen. "Der ist zu allem fähig", sagt der Rentner mit Blick auf Papandreou und betont, dass er selbst dessen Partei Pasok gewählt habe.

Um die 20 Prozent, sagen Meinungsumfragen, bekäme die sozialistische Pasok bei Neuwahlen. Die Nea Dimokratia von Oppositionsführer Samaras könnte mit knapp 34 Prozent rechnen. Acht Milliarden Euro sollte Griechenland dieser Tage bekommen, damit das Land nicht Mitte Dezember zahlungsunfähig ist. Papandreou und Samaras wissen das. Trotzdem schachern sie um Macht und Posten wie in ihren gemeinsamen Studententagen.