Mehr als 1000 Festnahmen in Gabun Ausschreitungen nach Bongos Wiederwahl

Stand: 02.09.2016 17:04 Uhr

Nach der umstrittenenen Wiederwahl von Staatspräsident Bongo hat es in Gabun gewaltsame Ausschreitungen gegeben. Bei neuen Unruhen in in der Hauptstadt Libreville hat es mindestens fünf Tote und mehr als 1000 Festnahmen gegeben.

Von Bettina Rühl, ARD-Hörfunkstudio Nairobi

Ausgebrannte Autowracks und verkohlte Barrikaden säumen die Hauptverkehrsachse in Libreville, Hauptstadt des zentralafrikanischen Staates Gabun. Seit der umstrittenen Wiederwahl von Ali Bongo als Staatspräsident halten die Unruhen an. Die Regierung hat seit Mittwoch etwa 1200 Menschen verhaftet, es gab mindestens drei Todesopfer und etliche Verletzte. Und Ali Bongo? Der alte neue Präsident gibt sich unangefochten von den Protesten gegen seine äußerst knappe Widerwahl:

"Die Wahlen haben ihr Urteil gefällt", so Bongo. "Ich weiß, wer gewonnen und wer verloren hat. Wer hat gewonnen? 1,8 Millionen Gabuner, die gemeinsam weiter voranschreiten werden. Wer hat verloren? Ein Grüppchen von Leuten, die nur ein Ziel kennen: an die Macht zu kommen, um sich an den Reichtümern Gabuns bedienen zu können, statt ihrerseits dem Land zu dienen."

Opposition zweifelt Wahlergebnis an

Eine polemische Reaktion auf die massive Kritik - das "Grüppchen", wie Ali Bongo seine Kritiker nennt, macht immerhin fast die Hälfte aller Wähler aus. Nach dem vorläufigen amtlichen Wahlergebnis bekam Ali Bongo 48,9 Prozent der Stimmen. Sein Konkurrent Jean Ping schnitt mit 48,2 Prozent kaum schlechter ab. Noch deutlicher wird das beim Blick auf die absoluten Zahlen: Demnach beträgt Ali Bongos Mehrheit nicht einmal 6000 Stimmen.

Gabuns wiedergewählter Staatspräsident Ali Bongo gibt eine Erklärung ab.

Gabuns wiedergewählter Staatspräsident Ali Bongo gibt eine Erklärung ab.

Die Opposition zweifelt das Wahlergebnis an. Der gabunesische Oppositionsführer Ping, der sich als wahrer Wahlsieger sieht, warf den Sicherheitskräften vor, gegen seine Anhänger mit Tränengas vorgegangen zu sein und sie verhaftet und umgebracht zu haben.

Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warf den Sicherheitskräften eine unverhältnismäßig harte Reaktion auf die Proteste vor. Er rief beide Seiten auf, die Gewalt zu beenden. Die Regierung müsse den Wunsch gerade der jüngeren Bevölkerung nach besseren Lebensverhältnissen und demokratischen Reformen berücksichtigen, betonte er in einer Erklärung. Die Beobachter der Europäischen Union bemängelten die fehlende Transparenz. Ihre Forderung: Die Ergebnisse aller Wahllokale sollen veröffentlicht werden.

50 Jahre ohne Machtwechsel

Am Mittwoch zogen vor allem Jugendliche aus den Elendsvierteln auf die Straßen. Die Polizei ging mit Tränengas gegen sie vor. Die Demonstranten ließen sich nicht einschüchtern: "Wir haben genug von der Familie Bongo! Wir haben sie satt!", so ein Demonstrant. "Es reicht, nach 50 Jahren an der Macht. Deshalb machen wir jetzt den Mund auf!"

Die Stimmung in der westafrikanischen Ölnation war bereits vor Bekanntgabe des Wahlergebnisses aufgeheizt. Besonders umstritten sind die Ergebnisse aus Bongos Heimatprovinz, wo nahezu 100 Prozent der Wähler abgestimmt haben sollen. Die Wut der Demonstranten explodiert also nicht nur wegen des aktuellen, umstrittenen Ergebnisses. Die Bevölkerung ist frustriert über eine Demokratie, in der es seit 50 Jahren keinen wirklichen Machtwechsel gab.

Ali Bongo übernahm das Amt von seinem Vater Omar Bongo, der 2009 starb – nach mehr als 40 Jahren an der Macht. Der Bongo-Clan hat die Zeit an der Spitze des erdölreichen Staates genutzt, um seinen eigenen Reichtum zu vergrößern. Allein in Frankreich soll die Dynastie fast 40 Immobilien besitzen, und in Gabun ließ sie sich einen 500 Millionen Euro teuren Präsidentenpalast bauen. Währenddessen muss ein Viertel der Bevölkerung mit weniger als drei Dollar am Tag auskommen. Aus ihrer Sicht ist es höchste Zeit für eine wirkliche Veränderung.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 02. September 2016 um 13:15 Uhr