Demonstranten in roten Schals tragen ein Plakat "Stoppt die Gewalt"

Frankreich "Rotschals" demonstrieren gegen Gewalt

Stand: 27.01.2019 21:00 Uhr

In Paris haben Tausende gegen die Gewalt bei den Demonstrationen der "Gelbwesten" demonstriert. Ihr Symbol sind rote Schals. Oppositionspolitiker Mélenchon forderte wegen Polizeigewalt den Rücktritt des Innenministers.

Etwa 10.000 Menschen haben in Paris mit roten Schals gegen die Gewalt bei Protesten "Gelbwesten"-Bewegung demonstriert.

Die Kundgebung der "Rotschals" setzte sich am Nachmittag bei Regenwetter am Place de la Nation in Bewegung. Die Teilnehmer demonstrierten nach eigenen Angaben auch für "die Verteidigung der Demokratie und der Institutionen".

An der Spitze des Demonstrationszugs skandierten die Aktivisten "Ja zur Demokratie, nein zur Revolution". Zu sehen waren Frankreich- und Europa-Fahnen. Einige Teilnehmer trugen T-Shirts mit Aufschriften wie "Ich liebe meine Republik" oder "Stoppt die Gewalt". Die Polizei zählte 10.500 Teilnehmer.

Der Initiator der "Rotschals", Laurent Soulié, steht der Partei "Die Republik in Bewegung" (La République en Marche) von Präsident Emmanuel Macron nahe. Der Ingenieur aus Toulouse hatte die Idee zu der Demonstration Mitte Dezember bei Facebook lanciert. Das Kennzeichen der roten Schals geht auf eine Protestgruppe zurück, die seit Ende November gegen die Straßenblockaden der "Gelbwesten" demonstrierte. Macrons Partei nahm nicht offiziell teil.

Mit Frankreich- und Europafahnen gingen viele der Demonstranten auf die Straße

Die Demonstranten bekannten sich zur Demokratie.

Elfter Protesttag der "Gelbwesten"

Die "Gelbwesten" hatten am Samstag zu ihrer elften Protestaktion in Folge landesweit 69.000 Menschen mobilisiert. An der Demonstration in Paris nahmen nach Angaben des Innenministeriums etwa 4000 Menschen teil.

Im Vergleich zum vorherigen Samstag gingen die Teilnehmerzahlen leicht zurück. Am vergangenen Wochenende hatten sich landesweit 84.000 Menschen beteiligt, in Paris waren es 7000 gewesen.

In der Hauptstadt kam es am Place de la Bastille zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas und Wasserwerfer ein, um Demonstranten zurückzudrängen, die Wurfgeschosse auf Polizisten warfen. Nach Angaben der Präfektur wurden dabei 22 Menschen festgenommen.

Schwere Verletzungen durch umstrittene Gummigeschosse

Kritik gibt es nicht nur an der Gewalt, die von den "Gelbwesten" ausgeht, sondern auch an den Maßnahmen der Sicherheitskräfte und vor allem dem Einsatz von Gummigeschossen, die schwere Verletzungen anrichten.

Einer der Anführer der "Gelbwesten", Jérôme Rodrigues, wurde schwer am Auge verletzt. Er sei von einem Gummigeschoss der Polizei getroffen worden, sagte sein Anwalt Philippe de Veulle dem Fernsehsender BFM. "Er wird sein Leben lang behindert sein." Das Projektil sei von anderen Demonstranten als Beweisstück eingesammelt worden.

Der am Auge verletzte "Gelbwesten"-Anführer Rodrigues

Wegen der Verletzung von Rodrigues wird der Rücktritt des Innenministers gefordert.

Der linke Oppositionspolitiker Jean-Luc Mélenchon von der Partei "Unbeugsames Frankreich" forderte nach der Verletzung von Rodrigues den Rücktritt Castaners. Innenstaatssekretär Laurent Nunez sagte, es gebe nichts, was darauf hinweise, dass Rodrigues von einem Gummigeschoss getroffen worden sei. Unter Berufung auf einen Polizeibericht bestätigte er allerdings den Einsatz einer mit Gummikugeln gefüllten Granate, die von der Polizei zum Auseinandertreiben von Demonstranten eingesetzt wird. Diese Behauptung hatte der Anwalt des verletzten Demonstranten zuvor zurückgewiesen.

Innenminister Christophe Castaner hatte angekündigt, die Sicherheitskräfte mit Körperkameras auszustatten, um die Einsätze besser zu dokumentieren.

Levavasseur tritt für die "Gelbwesten" bei der Europawahl an.

Levavasseur tritt für die "Gelbwesten" bei der Europawahl an.

Die Bewegung der "Gelbwesten" hat verschiedene Strömungen, was auch zu Konflikten untereinander führt. So wird die Aktivistin Ingrid Levavasseur wegen ihrer angekündigten Kandidatur bei der Europawahl aus den eigenen Reihen massiv kritisiert. Sie und einige Mitstreiter hatten am Mittwoch angekündigt, sich für das Europaparlament zu bewerben.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 27. Januar 2019 um 19:00 und 20:00Uhr.