Rostige Schiffe liegen im Sand der früheren usbekischen Hafenstadt Mujnak, aus der sich das Wasser schon vor Jahrzehnten zurückgezogen hat.

Weltklimarat tagt "Nie stand mehr auf dem Spiel"

Stand: 14.02.2022 16:45 Uhr

Zum Auftakt der zweiwöchigen Beratungen des Weltklimarats hat der Chef des Gremiums eine deutliche Warnung ausgesprochen: Nie habe im Kampf gegen die Erderwärmung mehr auf dem Spiel gestanden, sagte Hoesung Lee.

Der Vorsitzende des Weltklimarats IPCC, Hoesung Lee, hat zum Beginn der Beratungen die Dringlichkeit des neuen Sachstandsberichts zu den Folgen der Erderwärmung unterstrichen. Der vom IPCC in der Plenarsitzung zu erörternde Report werde dringlich erwartet, "weil noch nie mehr auf dem Spiel stand" als jetzt, sagte Lee in einer Videokonferenz.

Die Auswirkungen des Klimawandels seien weit größer "als unsere Bemühungen, uns ihm anzupassen", warnte die Chefin des UN-Umweltprogramms (Unep), Inger Andersen. Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) betonte zum Auftakt der Beratungen die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit beim Klimaschutz. "Nur global können wir den Klimawandel bekämpfen", sagte sie.

"Wenn wir uns unserer eigenen Lebensgrundlagen nicht weiter berauben wollen, muss der Klimaschutz ab sofort höchste Priorität haben", forderte Viviane Raddatz von der Umweltorganisation WWF Deutschland. Die Energiewende sei für das "Wohl von Mensch und Natur unabdingbar". Deutschland müsse seine derzeitige Präsidentschaft in der G7-Gruppe führender Industrieländer nutzen, um den Abschied von fossilen Energieträgern voranzutreiben.

Bericht wird Zeile für Zeile diskutiert

Die zweiwöchige IPCC-Plenarsitzung findet offiziell in Berlin statt, tatsächlich wegen der Corona-Pandemie allerdings weitgehend virtuell. Dabei beraten Vertreter der 195 IPCC-Mitgliedsstaaten abschließend über den zweiten Teil des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarats. Die Arbeitsgruppe II des IPCC hat darin die neuesten Erkenntnisse über die Folgen der Erderwärmung für Mensch und Natur, mögliche Anpassungen an den Klimawandel und Risikoanalysen zusammengetragen.

Die Regierungsvertreter diskutieren die rund 30 bis 40 Seiten lange Kurzfassung des Berichts, die sich an politische Entscheidungsträger wendet, Zeile für Zeile und verabschieden schließlich den Text. Damit erkennen die Regierungen die wissenschaftlichen Erkenntnisse offiziell an. Der komplette Bericht soll am 28. Februar veröffentlicht werden. 

Klimawandel schreitet schneller voran

Laut einem Entwurf, in den die Nachrichtenagentur AFP bereits 2021 Einsicht hatte, wird der Bericht die dringende Notwendigkeit von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel betonen. Der IPCC betreibt keine eigene Forschung zum Klimawandel, sondern wertet tausende Studien aus und fasst die zentralen Erkenntnisse daraus zusammen. Zu dem Kernteam, das den nun vorliegenden zweiten Teil des Berichts verfasst hat, gehören rund 270 Wissenschaftler aus aller Welt, darunter 15 aus Deutschland. 

Der erste Teil des IPCC-Berichts war im vergangenen August veröffentlicht worden. Darin warnte der Weltklimarat vor einer deutlich rascheren globalen Erwärmung als zuvor angenommen. Die Erde werde sich bei der derzeitigen Entwicklung bereits gegen 2030 um 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erwärmen - und damit zehn Jahre früher als noch 2018 prognostiziert. Die Erderwärmung ist demnach "eindeutig" durch den Menschen verursacht.

WMO-Generalsekretär: Nicht zu viel Angst machen

Der Generalsekretär der Weltwetterorganisation (WMO) fürchtet trotz alledem die Folgen "apokalyptischer Ängste" für die psychische Gesundheit junger Leute. "Wir müssen vorsichtig sein, wie wir über die Ergebnisse der Wissenschaft berichten, über Kipppunkte, und ob wir über einen Kollaps der Biosphäre oder das Verschwinden der Menschheit sprechen", sagte Petteri Taalas. Der IPCC-Bericht solle sich auch mit den Auswirkungen der Klimakrise auf die Psyche befassen. "Wir müssen aufpassen, dass wir unter den jungen Menschen nicht zu viele Ängste auslösen".

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 14. Februar 2022 um 12:00 Uhr.