
Finnland und Schweden in die NATO? Die Tore stehen offen
Finnland und Schweden könnten schon in wenigen Monaten der NATO beitreten. In der Allianz würden sie wohl mit offenen Armen empfangen werden - auch wenn der Schulterschluss nicht ohne Sorgen vonstatten ginge.
Im Brüsseler Hauptquartier der NATO war die Nachricht keine Überraschung. Schon länger gibt es Gespräche mit Finnland und Schweden über eine engere Kooperation und eine mögliche Aufnahme, lange bevor die Meinungsumfragen in den beiden Ländern die historische Wende anzeigten.
Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine fühlen Finnen und Schweden sich direkt bedroht. Sie wollen den Schutz des Verteidigungsbündnisses und würden dafür auf das verzichten, was jahrzehntelang Pfeiler ihrer Außenpolitik war - militärische Unabhängigkeit und Bündnisfreiheit.
Generalsekretär deutet an, dass alle Tore offenstehen
Offiziell hat sich die NATO noch nicht mit dem Beitritt befasst. Das geht erst, wenn ein Antrag vorliegt. Aber schon in der vergangenen Woche deutete Generalsekretär Stoltenberg an, dass in der Allianz alle Tore offenstehen.
Man habe einen guten Dialog mit Finnlands politischer Führung und auch mit Schweden, es sei natürlich ihre Sache zu entscheiden. Aber dann fügte Stoltenberg hinzu, wenn sie den Antrag stellen, dann erwarte er, dass alle 30 Mitgliedsländer sie willkommen heißen.
Alle 30 müssen zustimmen, denn wenn neue Mitglieder aufgenommen werden, ist dafür ein einstimmiger Beschluss nötig.
Bislang keine Gegenstimmen
Die großen NATO-Länder haben schon deutlich gemacht, dass sie die Aufnahme Finnlands und Schwedens begrüßen würden. Unterstützung kommt aus den USA, aus Deutschland, und auch aus Frankreich, Großbritannien und Polen. Keines der anderen Länder hat sich bisher dagegen ausgesprochen.
Das hat politische Gründe, weil niemand daran zweifelt, dass Finnland und Schweden als demokratische Rechtsstaaten alle Kriterien für die Mitgliedschaft erfüllen. Aber auch militärische Gründe spielen eine Rolle. Aus jahrelangen gemeinsamen Einsätzen und Manövern weiß man, dass die Streitkräfte schnell integriert werden können. Vor allem die finnische Armee ist hochmodern ausgerüstet. Finnland hat - anders als manche andere europäische Länder - nicht bei den Verteidigungsausgaben gespart. Der Beitritt würde die NATO also stärken.
Es gibt aber auch Sorgen
Ganz sorgenfrei wird die Aufnahme der beiden skandinavischen Länder aber in der Allianz nicht gesehen - weil niemand weiß, wie Russlands Präsident Putin reagiert. Deshalb betont Generalsekretär Stoltenberg bei jeder sich bietenden Gelegenheit, es sei nicht die NATO, die sich erweitert, sondern es sei der freie Wille der Länder, der Allianz beizutreten.
Zuletzt tat Stoltenberg das im Interview mit dem amerikanischen Fernsehsender CNN. "Es ist Finnland, dass entscheidet - das ist die Botschaft der NATO", so Stoltenberg. Man respektiere die territoriale Integrität Finnlands und dessen eigenes Recht, über die Zukunft zu entscheiden.
Es soll schnell gehen
Dass das als Seitenhieb auf Moskau gedacht war, machte Stoltenberg dann in dem CNN- Interview noch deutlicher: Es sei genau das, was Russland nicht respektiert. Russland versuche einzuschüchtern, in dem es mit Konsequenzen droht, wenn Finnland sich für den NATO-Beitritt entscheiden sollte.
Alle Beteiligten beteuern, es müsse schnell gehen. Zwischen dem ersten Aufnahmeantrag und dem Inkrafttreten der Beistandsgarantie soll nicht viel Zeit vergehen - das sei eine wichtige Botschaft an Moskau, heißt es. Diplomaten erwarten, dass die Staats- und Regierungschefs schon im Juni beim nächsten NATO-Gipfel in Madrid entscheiden - wenn die offiziellen Aufnahmeanträge bis dahin eingereicht sind.