Menschen beobachten den Verlauf der Parlamentswahlen am Sitz der konservativen oppositionellen Volkspartei (PP) in der Calle de Genova. in Madrid.

Nach der Parlamentswahl Hängepartie in Spanien

Stand: 24.07.2023 09:17 Uhr

Nach der Wahl droht Spanien ein politisches Patt: Die Konservativen werden stärkste Kraft - doch es reicht nicht zur Regierungsbildung. Auch die Sozialisten mit Regierungschef Sánchez haben keine Mehrheit mit bisherigen Partnern.

Von Marc Hoffmann, ARD-Studio Madrid

Der Spitzenkandidat der konservativen Volkspartei (PP) lässt sich lange Zeit. Erst kurz nach Mitternacht tritt Alberto Núñez Feijóo auf dem Balkon der Parteizentrale vor seine Anhänger. Er bemüht sich, den strahlenden Gewinner abzugeben. Die Konservativen holen die meisten Stimmen. Aber trotzdem reichen die deutlichen Zugewinne im Vergleich zur Parlamentswahl vor vier Jahren nicht, um die linke Regierung von Pedró Sánchez abzulösen. 

Nach Parlamentswahl in Spanien deutet sich eine schwierige Regierungsbildung an

Michael Stocks, ARD Madrid, tagesschau, 24.07.2023 16:00 Uhr

Feijóo kündigt an, es trotzdem zu versuchen. Es sei seine Pflicht, Gespräche für mögliche Regierungskonstellationen aufzunehmen, damit Spanien im Einklang mit dem Wahlergebnis regiert werden könne. Er meint also offenbar: mit ihm selbst an der Spitze.

Niederlage für Ultra-Rechte

Aber wie das gelingen kann, bleibt offen. Denn der potenzielle Bündnispartner, die rechtsextreme Partei Vox, verliert deutlich an Sitzen - zusammen mit der PP wird es also nicht für einen Regierungswechsel reichen. Und auch andere Parteien hatten früh klar gemacht, dass sie mit den Ultra-Rechten keine gemeinsame Sache machen wollen. 

Nun werde Sánchez wohl doch weitermachen können, stellte Vox-Chef Santiago Abascal am Abend verbittert fest, und zwar unterstützt von Kommunisten, Separatisten und Terroristen, so Abscal.

Pedro Sánchez wird von seinen Anhängern vor der Parteizentrale der Sozialistischen Arbeiterpartei in Madrid gefeiert.

Pedro Sánchez wird von seinen Anhängern vor der Parteizentrale der Sozialistischen Arbeiterpartei in Madrid gefeiert.

Wobei das gar keine ausgemachte Sache ist. Denn auch den Sozialisten und ihren bisherigen Bündnispartnern im spanischen Kongress fehlt es an ausreichenden Stimmen für eine stabile Mehrheit. Sánchez jubelt trotzdem. Der prognostizierte Verlust der Sozialisten blieb aus. Ein Sieg des rechten Lagers wurde abgewendet. Der Block der Rückwärtsgewandten, also diejenigen, die sämtliche Errungenschaften der vergangenen vier Jahre rückgängig machen wollten, seien gescheitert, so Sánchez.

Erfolg für neues Linksbündnis Sumar

Als starker politischer Partner an der Seite der Sozialisten empfiehlt sich das erst vor wenigen Wochen aus der Taufe gehobene Linksbündnis Sumar von Arbeitsministerin Yolanda Diaz, in dem der bisherige Koalitionspartner Unidas Podemos aufgegangen ist. 

Diaz ist gewissermaßen die dritte strahlende Siegerin nach einem langen Wahlabend. Die Demokratie habe gewonnen, ruft sie. Nur: Spaniens Demokratie muss nun auch beweisen, wie es das politische Patt im Parlament auflösen kann. Eine große Koalition bleibt in Spanien sehr unwahrscheinlich. Am Ende könnten sogar Neuwahlen stehen.

 

Marc Hoffmann, ARD Madrid, tagesschau, 24.07.2023 03:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 24. Juli 2023 um 08:41 Uhr.