Der slowakische Premier Robert Fico (rechts) begrüßt den ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal

Regierungstreffen in der Slowakei Ein "solidarischer Nachbar" der Ukraine?

Stand: 12.04.2024 04:15 Uhr

Nach der Präsidentschaftswahl in der Slowakei wächst die Sorge, dass sich das Land weiter Richtung Russland wenden und seine Unterstützung der Ukraine nachlassen könnte. Deren Regierungschef reiste nun zu einem Besuch an.

Seine prorussische Rhetorik hat dem slowakischen Premier Robert Fico schon einiges gekostet. Ein halbes Jahr nach seiner Wiederwahl hat Tschechien als engster Verbündeter in einem beispiellosen Schritt Regierungssitzungen mit der Slowakei abgesagt. Dagegen gibt sich der ukrainische Ministerpräsident pragmatischer: Denys Schmyhal reiste mit seinem Kabinett ins Nachbarland.

"Herr Premier, lieber Robert, wir hatten ein konstruktives Treffen. Dafür danke ich Ihnen", so Schmyhal während des Besuches gegenüber Fico. "Wir haben unsere Zusammenarbeit in vielen Bereichen noch einmal deutlich vertieft. Wir haben zum Teil unterschiedliche Interessen und Prioritäten, aber wir sind guten Willens. Ich danke dem slowakischen Volk aufrichtig für seine Solidarität." Es war schon das zweite Treffen beider Regierungen seit Januar.

"Lieber Denys, meine Tür steht Euch stets offen"

Von Michalovce im Osten der Slowakei liegt die ukrainische Grenze nur eine halbe Autostunde entfernt. Der deutsche Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann repariert hier im Auftrag der Bundeswehr deutsche Waffen nach dem Einsatz in der Ukraine. Auch nach der Abwahl der proeuropäischen Vorgänger von Fico.

Der war mit dem Versprechen angetreten, keinen einzigen Schuss Munition mehr an Kiew zu liefern. Er stoppte die staatlichen Waffenlieferungen, verbreitet wiederholt Kreml-treue Propaganda, kritisiert die Ukraine und den Westen: "Es ist verblüffend, dass kein Friedensplan existiert. Dass die EU nicht ihr Gewicht einsetzt, um eine Waffenruhe durchzusetzen. Dass ihre einzige Strategie darin besteht, das gegenseitige Töten von Slawen zu fördern."

Bei den slowakisch-ukrainischen Regierungskonsultationen waren nun andere Töne von Fico zu hören. "Die Slowakei will ein guter, freundschaftlicher, solidarischer Nachbar der Ukraine sein. Wir wünschen uns gemeinsam mit Euch, dass wir so eine Friedenslösung finden, die die Integrität und Souveränität der Ukraine respektiert. Herr Premier, lieber Denys, meine Tür steht Euch stets offen."

Premier stellt militärische Zusammenarbeit in Aussicht

Fico verurteilte den russischen Krieg und bot der Ukraine seine volle Unterstützung bei den EU-Beitrittsverhandlungen an. Beide Länder vereinbarten gemeinsame Projekte in der Energie- und Verkehrspolitik. Eine Zugverbindung soll aus Kiew direkt zur zweitgrößten slowakischen Stadt Kosice führen.

"Wir haben auch über die Zusammenarbeit im Militärbereich gesprochen", so Fico. "Hier bieten wir gewaltige Hilfe bei der Minenräumung an - Expertise, Maschinen und Ausbildung. Außerdem - und daraus mache ich kein Geheimnis - wir haben nie gelogen und immer gesagt: Auf kommerzieller Basis ist die Slowakei auch bereit, militärisch zusammenzuarbeiten."

"Fico nimmt autoritäre Strukturen in der Slowakei in Kauf"

Der Soziologe Michal Vasecka ist überzeugt, dass es nicht Ficos Ziel ist, nach seinem Comeback als Premier Russland in der Ukraine gewinnen zu sehen. "Fico will seinen alten Mafia-Staat wiederhaben, den vor seinem Rücktritt im Jahr 2018. Dafür setzt er auf prorussische Rhetorik und nimmt autoritäre Strukturen in der Slowakei in Kauf. Wenn Brüssel und Berlin dazu schweigen und dieses schmutzige Spiel mitspielen, dann wird Fico kein Störenfried in der Ukraine-Politik sein."

Der Soziologe hofft wie viele andere slowakische Politik-Beobachter, dass die EU und Deutschland mit Fico im Gespräch bleiben, aber den geplanten Demokratieabbau nach ungarischem Vorbild offen kritisieren und Fico öffentlich an seine pro-ukrainischen Worte nach Treffen wie diesen erinnern.  

Marianne Allweiss, ARD Prag, tagesschau, 11.04.2024 23:17 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 11. April 2024 um 23:04 Uhr.