Anhänger der Opposition protestieren vor dem Präsidentenpalast in Warschau.

Machtkampf in Polen PiS-Abgeordnete im Präsidentenpalast verhaftet

Stand: 10.01.2024 12:19 Uhr

In Polen spitzt sich der Konflikt zwischen dem neuen und dem alten Regierungslager zu: Zwei verurteilte PiS-Politiker suchten offenbar Schutz bei Präsident Duda, kamen nun aber doch ins Gefängnis. Einer der beiden trat in den Hungerstreik.

Nach ihrer Verhaftung in Polens Präsidentenpalast sind zwei verurteilte Abgeordnete der nationalkonservativen PiS ins Gefängnis gebracht worden. Der frühere Innenminister Mariusz Kaminski und sein Staatssekretär Maciej Wasik waren im Dezember rechtskräftig wegen Amtsmissbrauchs zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Doch statt ihre Haftstrafen anzutreten, erschienen sie auf einem Empfang bei Präsident Duda, der ebenfalls aus der PiS stammt. Nach mehreren Stunden im Palast konnte die Polizei die beiden Politiker dann abführen.

Vor dem Gefängnis im Warschauer Stadtteil Grochow versammelten sich in der Nacht mehrere PiS-Anhänger, darunter auch Parteichef Jaroslaw Kaczynski. Er bezeichnete die Verhafteten Kaminski und Wasik als "politische Gefangene" und forderte vergeblich Zugang zur Haftanstalt.

An seinem ersten Tag im Gefängnis trat Kaminski in einen Hungerstreik. Eine entsprechende Erklärung veröffentlichte die PiS auf der Plattform X (vormals Twitter). Er halte seine Verurteilung für politische Rache, schrieb Kaminski darin.

Machtkampf der Parteien

Damit hat sich der Konflikt zwischen dem neuen und dem alten Regierungslager in Polen weiter zugespitzt. Zwischen dem seit Mitte Dezember regierenden Mitte-Links-Bündnis von Donald Tusk und der abgewählten nationalkonservativen PiS tobt ein Machtkampf.

Ministerpräsident Tusk warf Duda vor, er behindere die Justiz, indem er den Männern Unterschlupf gewähre. Tusk drohte Duda und dem PiS-Chef Kaczynski, sie würden wegen "Sabotage der Verfassung" zu Verantwortung gezogen. Eine für heute geplante Parlamentssitzung wurde wegen der chaotischen Lage verschoben.

Duda hält an Begnadigung fest

Der Fall hat eine lange Vorgeschichte. Nach der Machtübernahme der PiS im Jahr 2015 hatte Präsident Duda die beiden Politiker Kaminski und Wasik begnadigt. Sie waren in erster Instanz zu drei Jahren Haft wegen Amtsmissbrauchs verurteilt worden. Kaminski hatte 2007 als Amtsleiter der Antikorruptionsbehörde gezielt einen Fall inszeniert, um den damaligen Landwirtschaftsminister zu diskreditieren. Kaminski und Wasik gingen gegen das Urteil in Berufung.

Der Oberste Gerichtshof hatte die Begnadigung dann aufgehoben. Begnadigt werden könne nur, wer rechtskräftig verurteilt sei, hieß es in der Begründung. Beide mussten sich erneut einem Verfahren stellen und wurden zu zwei Jahren Haft verurteilt. Außerdem dürfen sie für fünf Jahre kein öffentliches Amt bekleiden und verlieren ihr Abgeordnetenmandat. Duda hatte in den vergangenen Tagen betont, dass seiner Auffassung nach die Begnadigung Bestand habe - auch wenn Polens Verfassungsrechtler das anders sehen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 10. Januar 2024 um 09:55 Uhr.