Polnische Bauern protestieren in Minsk Mazowiecki

Bauernprotest in Polen Eine Blockade - zur Freude Moskaus?

Stand: 21.02.2024 18:57 Uhr

Die Blockaden polnischer Bauern an der ukrainischen Grenze gefährden nach Ansicht von Präsident Selenskyj auch dringend benötigte Waffenlieferungen. Warschau spricht von Anzeichen für eine russische Unterwanderung der Proteste.

Nach tagelangen Protesten polnischer Bauern will der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nun Regierungschef Denys Schmyhal und weitere Kabinettsmitglieder zu Verhandlungen an die blockierten Grenzübergänge schicken. Das gelte vor allem für Verteidigungsminister Rustem Umjerow, sagte Selenskyj in einer auf Ukrainisch und Polnisch veröffentlichten Videoansprache. Das solle noch vor dem zweiten Kriegsjahrestag am Samstag geschehen. "Denn diese Blockade an der Grenze gefährdet leider die Waffenlieferungen für unsere Jungs an der Front", sagte er. 

"Pro-Putin-Slogans" schüren Sorge

Selenskyj richtete sich auch an den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk, Polens Staatspräsidenten Andrzej Duda und EU-Vertreter. Sie sollten ebenfalls an die Grenze fahren und den Dialog unterstützen. Es gehe um die nationale Sicherheit der Ukraine, so Selenskyj. Er sei auch bereit, selbst an die Grenze zu fahren.

"Nur Moskau" freue sich über die Spannungen zwischen den beiden Ländern. Selenskyj prangerte unter anderem "Pro-Putin-Slogans" bei den Protesten an. Zuvor hatte das Außenministerium in Warschau vor gezielter Beeinflussung der Bauern durch Moskau gewarnt. Extremistische Gruppen versuchten vermutlich, sich die Bauernprotestbewegung zu eigen zu machen.

Auf dem Banner auf einem Traktor in Gorzyczki (Polen) steht: "Putin - kümmert euch um die Ukraine, Brüssel und unsere Regierung".

Auf dem Banner auf einem Traktor in Gorzyczki (Polen) steht: "Putin, bring die Ukraine, Brüssel und unsere Regierung in Ordnung."

Ermittlungen wegen Aufruf zum Hass

Am Dienstag war in der südpolnischen Stadt Gorzyczki ein Transparent gezeigt worden mit der Aufschrift: "Putin, bring die Ukraine, Brüssel und unsere Regierung in Ordnung." Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen den Landwirt wegen "Propaganda für Faschismus, Kommunismus oder eine andere autoritäre Herrschaftsform" und Aufruf zum Hass. Öffentliche Werbung für ein totalitäres System kann nach polnischem Gesetz mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden.

"Nach unserer Einschätzung sind die anti-ukrainischen Slogans, die während der jüngsten Bauernblockaden aufgetaucht sind, ein Versuch der Übernahme der Bewegung durch Gruppen von außen, die möglicherweise vom russischen Geheimdienst beeinflusst werden", teilte das Außenministerium in Warschau mit.

Polens Bauern gegen günstige Ukraine-Importe

Seit Tagen versuchen polnische Bauern, vor allem Lkw mit ukrainischem Getreide an der polnisch-ukrainischen Grenze zu blockieren. Mehrere Tausend Lkw sollen sich an den Grenzübergängen stauen. Der Unmut der polnischen Landwirte richtet sich gegen die EU-Agrarpolitik, aber auch gegen die Einfuhr günstiger Agrarprodukte aus der Ukraine. Am Dienstag waren erstmals auch Busse und Güterzüge aus der Ukraine Ziel der Proteste gewesen.

Trotz wieder möglicher Seetransporte bleiben die Routen über Polen für die von Russland angegriffene Ukraine lebenswichtig - auch für den ohnehin stockenden Nachschub an Waffen und Munition. Polen zählt zu den wichtigsten Unterstützern der Ukraine in dem seit schon fast zwei Jahren andauernden Krieg. Doch der Streit über die Getreideimporte belastet das polnisch-ukrainische Verhältnis seit Monaten.