Blick auf das Parlamentsgebäude in Oslo.

Tiefseebergbau Norwegens Parlament stimmt für Mangan-Abbau

Stand: 10.01.2024 13:55 Uhr

In Norwegen hat das Parlament sich für den Abbau Seltener Erden vor seiner Küste ausgesprochen. Den Beginn von Bohrungen bedeutet das noch nicht. Umweltaktivisten und Forscher warnen bereits vor den Folgen.

Von Ann-Brit Bakkenbüll, ARD Stockholm

Eine Manganknolle ist ein kleiner schwarzer Brocken, etwa so groß wie eine Kartoffel. Aber die hat es in sich: Sie enthält neben Mangan auch Seltene Erden, die für grüne Technologien wie den Bau von Windkraftanlagen oder Elektroautos eine Schlüsselrolle spielen. Der Haken: Die Knolle wächst in bis zu 6.000 Metern Tiefe - am Meeresboden des norwegischen Festlandsockels. Ein Bereich, der bislang vom kommerziellen Bergbau verschont geblieben ist.

Doch das könnte sich bald ändern. Denn die Regierung in Oslo treibt das Vorhaben voran, mehr als 280.000 Quadratkilometer der Fläche ihres Meeresbodens für den Tiefseebergbau schrittweise zu öffnen. Nun stimmte das Storting, also das norwegische Parlament in Oslo, für diesen Plan.

"Doch, wir hören auf die Forschung"

Pedro Ribiero ist Leiter des Zentrums für Meeres-Tiefenforschung in Bergen. Er warnt - wie viele andere Wissenschaftler - vor irreversiblen Umweltschäden: "Man kann keine Mineralien aus dem Meeresboden gewinnen, ohne dass das Konsequenzen hat", sagt er. "Wir wissen aber noch nicht, wie groß diese Konsequenzen sein können."

Im November vergangenen Jahres hatten rund 120 EU-Parlamentarier ebenfalls an die norwegischen Abgeordneten appelliert, gegen den Tiefseebergbau zu stimmen. Dennoch wird der Plan bislang von allen vier großen norwegischen Parteien unterstützt - einschließlich der Opposition.

Prominente Demonstrierende gegen eine Legalisierung des Tiefseebergbaus vor Norwegens Parlament: Der Abgeordnete Arild Hermstad, die Klimaaktivistinnen Camille Etienne und Anne-Sophie Roux und Schauspieler Lucas Bravo.

Prominenter Protest gegen eine Legalisierung des Tiefseebergbaus vor Norwegens Parlament: Der Abgeordnete Arild Hermstad, die französischen Klimaaktivistinnen Camille Etienne und Anne-Sophie Roux und der französische Schauspieler Lucas Bravo.

Auch Norwegens Energieminister Terje Aasland verteidigt das Vorhaben. "Wir glauben, dass es sich auf eine nachhaltige Weise machen lässt", sagte er zuletzt einer Reporterin. Als die entgegnete: "Hören Sie nicht auf die Forschung?", antwortete er: "Doch, wir hören auf die Forschung. Wir werden nicht unmittelbar mit der Gewinnung loslegen - was wir tun, ist die Grundlage für die Öffnung eines Gebietes zu legen."

Das Argument: Seltene Erden für die Energiewende

Das skandinavische Königreich könnte damit nun zu einem der ersten Länder gehören, die den Meeresboden nach Bodenschätzen absuchen. Juristen vermuten, dass sich Norwegen gleich auf mehrere internationale Rechtsverfahren einstellen müsste, wenn mit dem Abbau tatsächlich begonnen würde. Denn das Land hat diverse internationale Verträge unterschrieben, deren Kernanliegen durch die Folgen des Tiefseebergbaus konterkariert werden könnten.

Allerdings führt die die Mitte-Links-Regierung in diesem Zusammenhang immer wieder den enormen Bedarf an Mineralien und Seltenerdmaterialien an: Diese würden für die grüne Energiewende dringend benötigt.

Kaja Lønne Fjærtoft, Expertin für Meeresfragen vom WWF Norwegen, hält diese Argumentation für fragwürdig. "Man handelt hier entgegen der Meinung der europäischen Spitzenforschung, die geschlossen sagt, dass es Greenwashing ist, zu behaupten, dass diese Mineralien für die grüne Umstellung nötig sind", sagt sie.

Unternehmen müssen sich bewerben

Norwegen ist der größte Öl- und Gasproduzent Europas. Mit dem sich abzeichnenden Ende der fossilen Energiegewinnung steigt nun der Druck, neue Vermarktungsquellen zu finden.

Die Entscheidung im Parlament diese Woche bedeutet nicht, dass sofort mit Bohrungen begonnen wird. Unternehmen, die sich für den Abbau interessieren, müssen sich nun beim Parlament um Lizenzen bewerben.

Ann-Brit Bakkenbüll, ARD Stockholm, tagesschau, 10.01.2024 12:04 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 05. Januar 2024 um 09:24 Uhr.