EU legt Bericht über Beitrittswillige vor Brüssel dämpft Hoffnungen von Türken und Kroaten

Stand: 06.11.2007 14:37 Uhr

Die meisten neuen Kandidaten sind von einem EU-Beitritt weit entfernt. So heißt es in dem neuen Fortschrittsbericht der EU-Kommission. Selbst beim aussichtsreichsten Kandidaten Kroatien wird die noch immer verbreitete Korruption kritisiert. Für die Türkei fordert Brüssel ein höheres Reformtempo.

Die EU hat Hoffnungen der Türkei und Kroatiens auf einen schnellen Beitritt gedämpft. Eine neue Verhandlungsrunde könne erst "mittel- oder langfristig" erfolgen, heißt es in dem neuen Fortschrittsbericht der EU-Kommission, der in Brüssel vorgestellt wurde.

Selbst dem aussichtsreichsten Beitritts-Kandidaten Kroatien attestierte die Kommission immer noch weitverbreitete Korruption in der Gesellschaft. Das Land müsse deutlich mehr tun, um sein Rechts- und Justizsystem zu reformieren. Kroatien hofft, schon 2009 der EU beitreten zu können.

Viel zu langsames Reformtempo

Insgesamt kommt die Brüsseler Behörde zu dem Schluss, dass das Reformtempo in der Region viel zu langsam ist. Mazedonien, Serbien, Montenegro, Albanien, Bosnien und die von Serbien abtrünnige Provinz Kosovo suchen den politischen und wirtschaftlichen Anschluss an die EU.

Rehn fordert mehr Meinungsfreiheit in der Türkei

Die EU-Kommission forderte besonders die Türkei zu einem erhöhten Reformtempo auf: "Jetzt ist die Zeit für die Türkei gekommen, dem Reformprozess neues Leben einzuhauchen", sagte EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn bei der Vorstellung des Berichts. Zudem mahnte Rehn bei der Türkei eine größere Religions- und Meinungsfreiheit an. Diese Grundrechte müssten in allen Teilen des Landes gewährleistet werden, hieß es im Bericht über die Entwicklung des größten und zugleich umstrittensten EU-Beitrittskandidaten.

Die Kommission verwies dabei vor allem auf die Rechte der Kurden, die an der südöstlichen Grenze zum Irak leben und im Konflikt um Angriffe der kurdischen Untergrundorganisation PKK zwischen die Fronten zu geraten drohen. Die Türkei bereitet derzeit einen Einmarsch in die nordirakischen Rückzugsgebiete der Extremisten vor.

Lob für Ankara bei Lösung der jüngsten politischen Krise

Der Bericht fordert aber auch eine Besserstellung von Frauen, Kindern und Gewerkschaften sowie eine zivile Kontrolle des Militärs. Erweiterungskommissar Rehn lobte die Türkei dafür, die jüngste politische Krise um die Wahl des religiös-konservativen Präsidenten Abdullah Gül auf höchst demokratische Weise gemeistert zu haben. Die Demokratie habe über die Einmischung des Militärs gesiegt, erklärte er. Nun müsse der Schwung dafür genutzt werden, die seit 2005 erlahmten Reformen voranzutreiben. Im Gegenzug stellte er für das kommende Jahr Fortschritte bei den Beitrittsverhandlungen in Aussicht.

EU will Stabilisierungsabkommen mit Serbien einleiten

Angesichts der Bemühungen Serbiens um die Ergreifung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ratko Mladic will die EU-Kommission am Mittwoch den Abschluss eines Assoziierungsabkommen mit Belgrad einleiten. "Ich habe entschieden, das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien morgen einzuleiten", sagte Rehn weiter. Die Entscheidung sei nach Gesprächen mit der UN-Chefanklägerin Carla del Ponte gefallen.

Die Gespräche über ein Assoziierungsabkommen zwischen Serbien und der EU lagen bis zum Sommer für 13 Monate auf Eis, da sich die vorherige serbische Regierung aus Sicht der EU nicht ausreichend für die Festnahme gesuchter Kriegsverbrecher einsetzte. Ein solches Abkommen wird als ein erster Schritt für einen möglichen EU-Beitritt Serbiens gesehen.