EU-Verkehrskommissarin in Berlin Europamaut statt Ausländermaut?

Stand: 27.01.2015 02:04 Uhr

Bei einem Treffen mit Verkehrsminister Dobrindt will EU-Verkehrskommissarin Bulc zwar gute Beziehungen herstellen, doch für die deutschen Maut-Pläne kündigt sie eine kritische Prüfung an. Stattdessen will sich Bulc nun für eine europaweite Maut einsetzen.

Es sieht nicht danach aus, dass Violeta Bulc es in Berlin auf eine Konfrontation anlegen wird: Sie sei sehr optimistisch, was ihren Besuch in Deutschland angehe. "Ich will wirklich nur gute Beziehungen herstellen", so Bulc.

Dabei gäbe es einige Gründe für die EU-Verkehrskommissarin, härtere Töne anzuschlagen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer Pkw-Maut lässt in Brüssel so manchem die Haare zu Berge stehen. Verkehrsminister Alexander Dobrindt will zwar Deutsche und Ausländer mit dem gleichen Betrag zur Kasse bitten - allerdings soll der Mautbetrag bei einheimischen Haltern mit der KfZ-Steuer verrechnet werden. Also zahlen im Prinzip nur die Ausländer, was politisch auch so gewollt ist, aber mit dem europäischen Gebot der Nichtdiskriminierung von In- und Ausländern nur schwer unter einen Hut zu bringen ist.

Zahme Kritik

Dem Vernehmen nach haben Bulc' Mitarbeiter dicke Dossiers zusammengestellt, aber die Kommissarin packt das "heiße Eisen" nur mit äußerster Vorsicht an: "Was die Gleichbehandlung von KfZ-Haltern betrifft, ruft die Art und Weise, wie das im deutschen Gesetzentwurf geregelt ist, bei uns einige Bedenken hervor", sagt sie. "Wir werden den endgültigen Gesetzestext sehr genau prüfen, ob er mit dem EU-Vertrag vereinbar ist. Wenn nicht, werden wir entsprechend handeln."

Bulc will auch prüfen, ob die geplanten Kurzzeitvignetten im Verhältnis zu einer Jahresvignette nicht zu teuer sind - was auch auf eine Benachteiligung von ausländischen Gelegenheitsfahrern hinauslaufen würde.

Aber zunächst einmal will die Kommissarin es langsam angehen lassen. Brüssel wird erst offiziell reagieren, nachdem die Maut vom deutschen Gesetzgeber beschlossen wurde. Und in der Zwischenzeit will sie die Deutschen mit einer neuen Initiative ködern: "All die Schwierigkeiten, die wir auf der Ebene der Mitgliedstaaten durch den ganz unterschiedlichen Umgang mit Straßennutzungsgebühren sehen, hat uns dazu gebracht, an einen Ausweg zu denken, nämlich die Schaffung eines europaweiten Mautsystems."

Flickenteppich in der EU

In der Tat ist die EU Maut-technisch gesehen ein Flickenteppich. Manche Länder erheben eine Pauschalgebühr, andere kassieren je nach gefahrener Distanz, wieder andere erheben gar keine Gebühren. Bulc schwebt nun ein einheitliches Vorgehen vor: Die Maut sollte Strecken-bezogen erhoben werden. Alle Einnahmen müssen in die Verbesserung der Straßenfrastruktur fließen. Den einzelnen Ländern könnte auch freigestellt werden, ob sie die Abgaben dann auch wirklich eintreiben oder darauf verzichten.

Bulc begibt sich damit auf vermintes Gelände: Bei Abgaben lassen sich die Regierungen ungern reinreden. Und auch Bundesverkehrsminister Dobrindt hat schon klar gemacht, dass er gar nicht daran denke, die Einführung der deutschen Maut zu verschieben.

Martin Bohne, M. Bohne, ARD Brüssel, 27.01.2015 02:22 Uhr

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 27. Januar 2015 um 11:11 Uhr auf RBB Inforadio.