Hintergrund

Ausstieg endet an Landesgrenze Atomkraft bei Deutschlands Nachbarn

Stand: 25.05.2011 16:38 Uhr

Die Deutschen mögen vor dem endgültigen Atomausstieg stehen, doch dieser Ausstieg endet an der Landesgrenze: Von Deutschlands neun Nachbarstaaten setzen momentan fünf auf Atomkraft, und Polen steht vor dem Einstieg. Eine Übersicht über die Kernenergie jenseits unserer Grenzen.

Hier werden Atomkraftwerke betrieben

Frankreich ist mit 58 Reaktoren nach den USA weltweit zweitgrößter Atomstromproduzent und verkauft seine Kraftwerkstechnik in alle Welt. Zwei weitere Atommeiler sollen demnächst noch hinzukommen. Mehr als Dreiviertel des in Frankreich produzierten Stroms stammte 2010 aus der Kernspaltung - kein anderes Land hat eine so hohe Quote. Das kleine Land Belgien betreibt sieben Reaktoren, aus denen mehr als die Hälfte des erzeugten Stroms stammt. In den Niederlanden spielt die Kernenergie kaum eine Rolle: Ein Reaktor produziert vier Prozent des Stroms. Allerdings soll 2015 mit dem Bau zweier neuer Reaktoren begonnen werden. Das würde nicht nur die Abhängigkeit von Kohle und Gas verringern, sondern auch deutsche Atomstromeinfuhren in die Niederlande reduzieren.

Tschechien betreibt momentan sechs Reaktoren, zwei weitere sind geplant. Ein Drittel der tschechischen Stromerzeugung ist nuklear. Die Schweiz betreibt fünf Atommeiler. Die Regierung beschloss im Mai 2011 ein Energiekonzept, das den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie vorsieht. Die bestehenden Meiler sollen jeweils nach 50 Jahren Betriebsdauer vom Netz gehen, der letzte im Jahr 2034. Für einen vorzeitigen Atomausstieg sieht die Regierung keinen Anlass. Die Schweiz setzt in ihrer Energieversorgung bereits jetzt auch auf zahlreiche Wasserkraftwerke und andere erneuerbare Energieerzeuger. Knapp 60 Prozent des Schweizer Stroms sind grün. Und noch eine Besonderheit gibt es im Energiemix der Schweiz: Kohle und Gas spielen keine Rolle.

Diese Nachbarn kommen ohne Atomkraft aus

Drei Nachbarländer Deutschlands verzichten auf die Nutzung der Atomenergie: Österreich, Dänemark und Luxemburg. Dänemark setzt massiv auf Erneuerbare, etwa 35 Prozent des Stroms stammten 2010 aus dieser Quelle, der Rest kommt aus Gas und Kohle. Österreich bezieht rund 68 Prozent seines Stroms aus Wasserkraft. Der Betrieb von Atomkraftwerken im Land ist verboten. Der in den 1970er-Jahren errichtete Meiler Zwentendorf wurde nie in Betrieb genommen, nachdem bei einer Volksabstimmung eine knappe Mehrheit dagegen votiert hatte.

Einstieg in die Atomkraft

Polen hatte in den 1980er-Jahren geplant, eigene Atomanlagen zu bauen. Doch massiver Protest aus der Gesellschaft verhinderte eine Umsetzung des Vorhabens. Jetzt werden die Pläne von damals wiederbelebt: Bis zu sechs Reaktoren sollen ab 2013 gebaut werden, der erste davon ab 2020 Strom liefern. Momentan nutzt das Land aber keine Atomkraft, die meiste Energie - mehr als 90 Prozent - stammt aus Kohlekraftwerken. Was das Land darüber hinaus an Atomstrom nutzt, kommt größtenteils aus deutscher Produktion.