Rettungskräfte kümmern sich um Verletzte nach einer Explosion in Kerman (Iran).

Gedenkfeier für iranischen General Viele Tote nach Explosionen im Iran

Stand: 04.01.2024 02:01 Uhr

Bei einer Gedenkfeier zum Jahrestag der Tötung des iranischen Generals Soleimani ist es zu zwei Explosionen gekommen. Mindestens 95 Menschen kamen ums Leben, rund 210 wurden verletzt. Der Iran spricht von Terror.

Am vierten Todestag des mächtigen iranischen Generals Kassem Soleimani sind in dessen Heimatstadt Kerman bei zwei Explosionen mindestens 95 Menschen ums Leben gekommen. Rund 210 seien verletzt worden, teilte Irans Gesundheitsminister Bahram Eynollahi mit. Die Zahl der Toten wurde am Abend korrigiert, zunächst war von 103 Todesopfern die Rede gewesen. Es war der tödlichste Anschlag in der rund 45-jährigen Geschichte der Islamischen Republik.

Die Explosionen ereigneten sich in der Nähe der Grabstätte Soleimanis. Der stellvertretende Gouverneur von Kerman, Rahman Dschalali, sprach von einem terroristischen Anschlag, ohne konkrete Beweise dafür vorzulegen. Auch die iranische Regierung sprach von einer Terrorattacke.

Kassem Soleimani (Archivbild: 27. März 2015)

Der iranische General Kassem Soleimani (Archivbild: 27. März 2015)

Explosionen im Abstand von zehn Minuten

Die Bomben seien im Abstand von zehn Minuten explodiert, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Irna den Bürgermeister von Kerman. Die iranische Nachrichtenagentur Tasnim berichtete, vor Ort seien zwei Taschen mit Sprengstoff explodiert. Die Täter "zündeten die Bomben offenbar per Fernsteuerung", gab Tasnim an. 

In einem live im Staatsfernsehen übertragenen Ausschnitt waren ein Knall und Schreie zu hören. Während einer Live-Schalte einer Reporterin waren Retter zu sehen, die mit Verletzten im Hintergrund in ein Krankenhaus eilten.

Präsident kündigt Reaktion an, Putin verurteilt "Terrorismus"

Wer für den Anschlag verantwortlich ist, ist noch unklar. Zunächst reklamierte keine Gruppe den mutmaßlichen Anschlag für sich. Terrorangriffe mit diesem Ausmaß sind im Iran äußerst selten. Der Iran ist ein wichtiger Unterstützer militanter Gruppen in der Region - etwa der Hamas, der Hisbollah im Libanon und der Huthi-Rebellen im Jemen.

Irans Präsident Ebrahaim Raisi verurteilte die Attacke aufs Schärfste und forderte eine entschiedene Reaktion. "Zweifellos werden die Täter und Befehlsgeber dieser feigen Tat bald ermittelt und (...) für ihre abscheuliche Tat bestraft werden", so der Regierungschef.

Raisis Berater Mohammad Dschamschidi machte Israel und die USA für den Anschlag verantwortlich. "Washington sagt, die USA und Israel hätten keine Rolle bei dem Terroranschlag in Kerman, Iran, gespielt. Wirklich?", schrieb Dschamschidi im Onlinedienst X, ehemals Twitter. Die "Verantwortung für dieses Verbrechen" liege "bei den USA und dem zionistischen Regime und der Terrorismus ist nur ein Werkzeug".

Schwerer Anschlag im Iran bei Gedenkfeier zum Todestag von General Soleimani

Markus Rosch, ARD Istanbul, tagesthemen, 04.01.2024 23:15 Uhr

Auch Irans Innenminister Ahmad Wahidi kündigte eine Reaktion an. "Unsere Polizeikräfte sind wachsam und werden diejenigen, die dieses Verbrechen begangen haben, zur Rechenschaft ziehen", sagte der Minister. Laut Wahidi sind die meisten Menschen bei der zweiten Explosion ums Leben gekommen. Die genauen Hintergründe werden demnach untersucht. Die Führung in Teheran rief für morgen einen Trauertag aus. "Nach dem terroristischen Vorfall in Kerman hat die Regierung den Donnerstag zu einem Tag der öffentlichen Trauer im ganzen Land erklärt", hieß es im Staatsfernsehen.

Der russische Präsident Wladimir Putin sprach der iranischen Führung sein Beileid aus. Er verurteile "den Terrorismus in all seinen Formen aufs Schärfste". "Die Ermordung friedlicher Menschen, die einen Friedhof besuchen, ist schockierend in ihrer Grausamkeit und ihrem Zynismus", erklärte Putin nach Angaben des Kreml in einem Schreiben an Raisi und Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei. Russland und der Iran gelten als enge Verbündete.

EU und Auswärtiges Amt verurteilen "Terrorakt"

Die Europäische Union bezeichnete den Bombenanschlag als "Terrorakt". "Die EU verurteilt den heutigen Bombenanschlag in der iranischen Stadt Kerman aufs Schärfste", hieß es in einer Erklärung des Europäischen Auswärtigen Dienstes. Die EU bringe ihre Solidarität "mit dem iranischen Volk zum Ausdruck". "Dieser Terrorakt hat eine schockierende Zahl ziviler Todesopfer und Verletzter gefordert", hieß es weiter. Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Katharina Willinger, ARD Istanbul, zzt. Adyaman, zu Explosionen im Iran

tagesschau, 03.01.2024 17:00 Uhr

Auch das Auswärtige Amt sprach von einem Terrorakt. "Wir sind zutiefst betroffen über die vielen Toten bei den heutigen Explosionen in #Kerman, darunter auch viele Kinder", schrieb das Amt auf der Online-Plattform X, vormals Twitter. "Wir verurteilen diesen Terrorakt." Die Menschen im Iran hätten eine Zukunft in Frieden und Sicherheit verdient, hieß es weiter.

Soleimani 2020 durch US-Drohnenangriff getötet

Soleimani war Kommandeur der Al-Kuds-Brigaden und verantwortlich für die iranische Militärstrategie in der Region. Die USA hatten ihn am 3. Januar 2020 im Irak durch einen Drohnenangriff getötet. Der damalige US-Präsident Donald Trump sagte, er habe den Drohnenangriff als Reaktion auf eine Reihe von Angriffen auf US-Stützpunkte im Irak angeordnet.

Behauptungen, die USA seien in die jetzige Attacke verwickelt, widersprach die US-Regierung. "Die Vereinigten Staaten waren in keiner Weise beteiligt", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, in Washington. "Jede gegenteilige Behauptung ist lächerlich." Man habe außerdem keinen Grund zu der Annahme, dass Israel an den Explosionen beteiligt gewesen sei, sagte Miller. Hisbollah-Chef Nasrallah hatte zuvor Israel für den Anschlag verantwortlich gemacht.

Soleimani wird von systemtreuen Regierungsanhängern als Märtyrer verehrt. Auch heute pilgerten Menschenmassen durch Kermans Straßen zu Soleimanis Grabstelle. Bei seiner Beerdigung kam es damals zu einer Massenpanik. Mindestens 56 Menschen starben, mehr als 200 wurden verletzt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk in den Nachrichten am 03. Januar 2024 um 14:00 Uhr.