Die vom Büro des obersten iranischen Führers veröffentlichte Aufnahme zeigt den obersten Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei.

Vergiftung von Schülerinnen Khamenei fordert harte Strafen

Stand: 06.03.2023 22:42 Uhr

Irans geistliches Oberhaupt Khamenei hat die Vergiftungen von Schülerinnen verurteilt. Die Hintermänner sollten "mit der Todesstrafe" bestraft werden. Die USA forderten eine unabhängige Untersuchung der bislang ungeklärten Fälle.

Nach einer Serie von Vergiftungen an Mädchenschulen hat Irans Religionsführer Ayatollah Ali Khamenei harte Strafen für die Verantwortlichen gefordert. "Wenn die Vergiftung der Schülerinnen bewiesen wird, sollten die Hintermänner dieses Verbrechens mit der Todesstrafe bestraft werden, und es wird keine Amnestie für sie geben", sagte das geistliche Oberhaupt des Irans laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA. "Die Behörden müssen den Fall der vergifteten Schulkinder ernsthaft untersuchen", so Khamenei weiter.

Es ist die erste öffentliche Äußerung Khameneis, der im Iran in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat, zu der landesweiten Vergiftungswelle. Er bezeichnete sie als "unverzeihliches Verbrechen". Die zuständigen Behörden, Nachrichtendienste und Strafverfolgungsbehörden sollten die Ursachen dieses Verbrechens verfolgen und aufdecken, forderte er.

Mehr als 2400 Vergiftungsfälle

Schon im November wurden die ersten Fälle der mysteriösen Vergiftungen bekannt, betroffen sind fast ausschließlich Mädchenschulen. Landesweit wurden Schülerinnen in Krankenhäusern behandelt. Ärzte sprechen von Gasvergiftungen. Irans Regierung geht nach eigenen Angaben von gezielten Angriffen aus. Eine offizielle Erklärung gibt es aber noch nicht. Eltern und Angehörige sind wütend auf die Behörden, werfen ihnen Versagen vor und geben ihnen eine Mitschuld. Regimegegner halten es auch für möglich, dass die Täter aus staatsnahen Kreisen oder den Revolutionsgarden stammen und junge gebildete Frauen einschüchtern wollen.

Einige Politiker hatten angedeutet, die Schülerinnen könnten Ziel religiöser Gruppen gewesen sein, die eine Schulbildung für Mädchen ablehnen. Der iranische Präsident Ebrahim Raisi machte unlängst "ausländische Feinde" für die Anschläge verantwortlich. Raisi ließ offen, wen er damit meinte. Allerdings werden regelmäßig die USA und Israel als Feinde der Islamischen Republik bezeichnet.

Iranische Medien haben über mehr als 2400 Vergiftungsfälle an Schulen berichtet. Dies ergab eine Auswertung von Berichten, die von November bis Anfang März in iranischen Medien erschienen. Offizielle Behördenzahlen zum Gesamtausmaß der Vergiftungswelle gibt es derzeit nicht. Iranischen Medienberichten zufolge sind mehr als 100 Schulen im gesamten Land betroffen. Beobachter gehen darüber hinaus von einer Dunkelziffer aus.

Nach seiner Berichterstattung über die mysteriöse Vergiftungswelle wurde auch der Zeitungsjournalist Ali Purtabatabai festgenommen. Das berichtete die Zeitung "Entekhab" unter Berufung auf dessen Schwester. Der Journalist arbeitete demnach in der religiösen Hochburg Ghom, wo vor Monaten die ersten Vergiftungsfälle gemeldet wurden. Kritik an dessen Festnahme kam prompt. Diese trage nicht zur "Entmystifizierung der Gerüchte und Nachrichten" bei, schrieb der Reformpolitiker und Journalist Abbas Abdi auf Twitter. Es mache die Gerüchte "noch schlimmer. Ich hoffe, er wird bald freigelassen."

Weißes Haus fordert unabhängige Untersuchung

Das Weiße Haus in Washington forderte indes eine "glaubwürdige und unabhängige Untersuchung". Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, sagte Sprecherin Karine Jean-Pierre. Die Vergiftung von Schulmädchen im Iran sei "unerhört". "Frauen und Mädchen haben überall ein Grundrecht auf Bildung", sagte sie.

Das Mullah-Regime steht seit Ausbruch der Massenproteste unter enormem Druck. Der gewaltsame Tod der 22-jährigen Mahsa Amini hatte im September landesweit zu regimekritischen Demonstrationen geführt, die von den regierungstreuen Revolutionsgarden brutal niedergeschlagen wurden. Amnesty International zufolge wurden bei den Protesten zahlreiche Menschen getötet. Unter den Demonstrierenden waren auch viele Schülerinnen.