
China John Lee neuer Regierungschef in Hongkong
In Hongkong ist der ehemalige Sicherheitschef John Lee zum neuen Regierungschef bestimmt worden. Die etwa 1500 Mitglieder des Peking-nahen Wahlausschusses votierten erwartungsgemäß.
Hongkongs früherer Sicherheitsminister John Lee ist zum Regierungschef der chinesischen Sonderverwaltungszone gewählt worden. Lee erhielt im Peking-treuen Wahlgremium 1416 von 1424 Stimmen. Er soll am 1. Juli die Nachfolge von Carrie Lam antreten, sie strebte keine zweite Amtszeit mehr an, am 30. Juni will sie in den Ruhestand gehen.
Lees Wahl galt als sicher. Er war der einzige Kandidat, wurde von der kommunistischen Führung in Peking unterstützt und war von 786 Mitgliedern des Wahlgremiums nominiert worden. Der 64-Jährige gilt als politischer Hardliner und ist berüchtigt für seine absolute Loyalität gegenüber der chinesischen Zentralregierung. Seit vergangenem Jahr dürfen laut Wahlgesetz nur noch "Patrioten" - also Peking-treue Bürgerinnen und Bürger - ein öffentliches Amt in Hongkong übernehmen. Demokratie-Aktivisten kritisieren das und fordern seit Jahren eine Direktwahl des Regierungschefs und des Parlaments.
Polizist, Sicherheitsminister, Chefsekretär der Regierung
Experten sahen Lees Wahl als Signal, dass die kommunistische Führung in Peking weiter in der früheren britischen Kronkolonie Einfluss nehmen will. Lees Karriere startete als Polizeibeamter, im Jahr 2017 wurde er dann Sicherheitsminister und im vergangenen Sommer Chefsekretär der Regierung. Im Wahlkampf versprach er Gesetze zum Schutz vor Sicherheitsgefahren, ein größeres Wohnungsangebot und eine bessere Wettbewerbsfähigkeit Hongkongs.
Lee war eine Schlüsselfigur hinter dem umstrittenen Gesetzesvorschlag von 2019, der die Ausweisung Verdächtiger aus Hongkong nach China vorsah. Er war auch für die Polizeieinsätze gegen Tausende Demonstranten verantwortlich, die monatelang gegen das Gesetz protestierten.
Zahlreiche Verhaftungen von Demokratie-Aktivisten
Lee setzte sich zudem für das nationale Sicherheitsgesetz ein, dessen Paragrafen etwa gegen geheime Absprachen mit ausländischen Kräften seit 2020 genutzt werden, um Demokratie-Aktivisten und Medien sowie bürgerliche Freiheiten einzuschränken, die bei der Übergabe Hongkongs an China versprochen worden waren. Aufgrund des Gesetzes wurden bereits Dutzende Menschen verhaftet.
EU bedauert "Verletzung demokratischer Grundsätze"
Die EU kritisierte den Wahlprozess in Hongkong. Lees Ernennung "verletzt die demokratischen Prinzipien und den politischen Pluralismus" in Hongkong, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf Twitter. Das Auswahlverfahren sei ein "weiterer Schritt zur Abschaffung des Grundsatzes 'ein Land, zwei Systeme'". Er forderte die Behörden Pekings und Hongkongs auf, sich an ihre nationalen und internationalen Verpflichtungen zu halten.