
Nach Erdbeben Türkei beendet fast alle Rettungseinsätze
Die Überlebenschancen werden geringer, es werden kaum noch Überlebende geborgen. Zwei Wochen nach dem Erdbeben beendet die Türkei die Rettungseinsätze in neun von elf Regionen. In Syrien kommt die Hilfe weiter nur schleppend an.
Knapp zwei Wochen nach dem verheerenden Erdbeben in Syrien und der Türkei gehen viele Rettungseinsätze zu Ende. Die Sucharbeiten in neun der elf betroffenen Provinzen in der Türkei seien beendet, teilte der türkische Katastrophenschutz Afad mit.
In den vorangegangen 24 Stunden hatten Such- und Rettungsteams in der Türkei offenbar keine Überlebenden mehr gefunden. Nur noch an rund 40 Gebäuden in den Provinzen Kahramanmaras und Hatay laufe die Suche nach Überlebenden weiter, sagte Afad-Chef Yunus Sezer. Die beiden Provinzen befinden sich nahe des Epizentrums des Erdbebens.
Mehr als 46.000 Menschen gestorben
In der Türkei und in Syrien werden nach wie vor Tausende Menschen vermisst. Die Überlebenschancen von Verschütteten sind nach der langen Zeit auch wegen der niedrigen Temperaturen immer geringer.
Am Samstag war es einem Rettungsteam in Antakya dennoch gelungen, zwei weitere Menschen lebend zu bergen. Eine dritte Person, das 12-jährige Kind der beiden, starb nach seiner Rettung. Die Eltern wurden in ein Krankenhaus gebracht.
Insgesamt sind bei dem Erdbeben mehr als 46.000 Menschen gestorben. Der türkische Katastrophenschutz berichtete heute von 40.689 Toten - 47 mehr als gestern. In Syrien wurden ungefähr 5900 Tote gezählt, allerdings werden die Zahlen seltener aktualisiert.
Die extrem hohe Zahl an Opfern könne dadurch erklärt werden, dass in der Türkei Baustandards nicht beachtet wurden, sagen Experten. Dem türkischen Vizepräsidenten zufolge sind mindestens 105.000 Gebäude vollständig oder teilweise zerstört.
Blinken in Hatay
Etwa 1,2 Millionen Menschen sollen die betroffene Region in der Türkei verlassen haben. Mehr als eine Million Betroffene seien vorübergehend in Unterkünften untergebracht, sagte der Chef des Katastrophenschutzes Sezer.
US-Außenminister Antony Blinken besuchte heute die schwer getroffene türkische Provinz Hatay. Gemeinsam mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu überflog er zunächst das Katastrophengebiet, um sich ein Bild davon zu machen, wie die US-Hilfslieferungen koordiniert werden.
Bisher hatten die USA 85 Millionen Dollar Soforthilfe bereitgestellt. Diese werde um 100 Millionen Dollar aufgestockt, kündigte Blinken an. Am Montag will Blinken den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Ankara treffen.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock kündigte an, die Hilfen für die syrischen Erdbebenopfer um 22,2 Millionen Euro zu erhöhen, sodass die deutsche Erdbebenhilfe für Syrien auf insgesamt 50 Millionen Euro steigt. Den Menschen dort fehle nach zehn Jahren Krieg und dem Erdbeben das Allernötigste zum Überleben, sagte die Grünen-Politikerin der "Bild am Sonntag". Das Geld gehe an Organisationen, die bereits in der Region tätig sind, wie die Welthungerhilfe, Malteser, Caritas und Save the Children.
Wenig Nothilfe in Syrien
Schon vor dem Erdbeben benötigten nach UN-Angaben mehr als 15 Millionen Menschen in Syrien irgendeine Form von Hilfe. Knapp zwei Wochen nach dem Beben haben noch immer nicht alle Menschen Nothilfe erhalten. "Wir stehen noch am Anfang und haben das Schlimmste noch nicht gesehen", sagte der für Syrien zuständige UN-Nothilfekoordinator Muhannad Hadi.
In Syrien wurden offenbar mehr als 9000 Häuser völlig oder teilweise zerstört. Derzeit sind UN-Angaben zufolge rund 40.000 Haushalte ohne Obdach - aber nur rund 13.000 Erdbebenopfer wurden mit Zelten versorgt.
Mehr als 140 Lastwagen mit UN-Hilfsgütern fuhren bisher aus der Türkei in den Nordwesten Syriens. Etwa 60.000 Menschen wurden mit Wasser versorgt.
In einer gemeinsamen Erklärung forderten mehr als 50 Filmschaffende die Regierungen der Türkei und Syriens auf, die Situation in den vom Erdbeben betroffenen Regionen zu verbessern. Die Unterzeichner, darunter prominente Namen wie Regisseur Fatih Akin und der Schauspieler Kida Khodr Ramadan, verlangten mit der am Rande der Berlinale veröffentlichten Erklärung unter anderem, dass alle Grenzübergänge in der Region bedingungslos geöffnet werden. Zudem müsse Hilfsorganisationen und Freiwilligen der Zugang zu den Erdbebengebieten erleichtert werden. Humanitäre Hilfe dürfe nicht aus politischen Gründen blockiert werden.